Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P615
DOI: 10.1055/s-2006-953439

Meningitis nach lokaler Quaddelung der Halsmuskulatur?

P. Gäbler 1, A. Bormann 1, J. Berrouschot 1
  • 1Altenburg

Wir berichten über eine Patientin, die bei chronischem Schmerzsyndrom der HWS nach ambulanter Quaddelung eine nuchale Phlegmone entwickelte und daraufhin eine eitrige Meningitis erlitt.

Anamnese: Vier Tag vor Aufnahme wurde bei der 72-jährigen Patientin wegen eines exazerbierten Schmerzsyndroms der HWS mit Ausstrahlung in den linken Arm eine lokale Quaddel-Behandlung der nuchalen Muskulatur links durchgeführt. An wesentlichen Vorerkrankungen fanden sich ein Diabetes mellitus Typ 2 sowie eine Adipositas permagna. Vier Tage später entwickelte die Patientin eine Vigilanzminderung, Fieber und Kopfschmerzen, es erfolgte eine ambulante antibiotische Anbehandlung.

Aufnahmenbefund: Komatöse, hochfieberhafte Patientin mit ausgeprägtem Meningismus, CRP 247mg/l, Leuco 21.6 Gpt/l, lumbaler Liquor: Leukozyten 27, Eiweiß 3.180mg/l, Lactat 6,0 mmol/l.

Therapie und Verlauf: Die Patientin musste sofort intubiert und beatmet werden, Antibiose mit Ampicillin, Flucloxacillin, Ceftriaxon. In der MRT der HWS zeigte sich eine ca. 3–4cm große diffuse Phlegmone im Bereich der Halsmuskulatur links bis an die Wirbelkörper reichend. Die CT-gestützte Punktion erbrachte den Nachweis von E. coli. Die bildgebende Diagnostik von Kopf bis Fuß sowie die Echokardiographie erbrachten keinen weiteren Infektionsherd. Die täglichen Liquorkontrollen zeigten einen sterilen Liquor, zwei Tage nach Behandlungsbeginn hatten sich Zellzahl, Eiweiß und Lactat nahezu normalisiert. Trotzdem kam es am vierten Behandlungstag zu einem septischen Schock und Wiederanstieg aller Entzündungsparameter im Serum (nicht im Liquor). In der MRT zeigte sich eine Größenzunahme der Phlegmone, so dass eine chirurgische Spreizung erfolgte. Im Wundabstrich wurde wiederum E. coli nachgewiesen, die antibiotische Therapie auf Imipenem und Levofloxacin umgestellt. Der Zustand der Patientin besserte sich in den darauffolgenden Tagen deutlich, fünf Tag später konnte sie extubiert werden. Nach Abklingen eines schweren Psychosyndroms wurde sie in eine Rehabilitationsklinik verlegt.

Schlussfolgerung: Der kausale Zusammenhang zwischen der Quaddelung der Halsmuskulatur, der darauffolgenden Phlegmone und der dadurch verursachten Meningitis ist aufgrund des Krankheitsverlaufes sehr wahrscheinlich. Unseres Wissens ist dies der erste derartig beschriebene Fall. Einmal mehr sollte auch bei scheinbaren Routineprozeduren auf absolut steriles Arbeiten geachtet werden.