Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P610
DOI: 10.1055/s-2006-953434

Falldarstellung einer fokalen nekrotisierenden Myopathie

M. Dafotakis 1, C. Boy 1, S. Nikolin 1, C. Schlangen 1, J. Schiefer 1
  • 1Aachen

Wir berichten über eine 37-jährige Patientin mit im Anschluss an einen grippalen Infekt subakut aufgetretenen stärksten Schmerzen in der Unterschenkelmuskulatur. Darüber hinaus beklagte die Patientin rezidivierende Fieberschübe bis 40°C sowie eine allgemeine Abgeschlagenheit. Im klinisch-neurologischen Befund zeigten sich eine druckschmerzhafte ödematöse Schwellung der Unterschenkel sowie schmerzbedingte Schwierigkeiten beim Gehen. In den laborchemischen Untersuchungen fanden sich eine pathologische Blutsenkungsgeschwindigkeit von 54mm/h sowie eine leichtgradige mikrozytär-hypochrome Anämie, jedoch keine CK-Erhöhung. In der elektrophysiologischen Diagnostik konnte im EMG aus dem M. tibialis anterior und aus dem M. gastrocnemius neben wenig Spontanaktivität in der PmE-Analyse schmale, größtenteils polyphasische und amplitudengeminderte Potentiale motorischer Einheiten nachgewiesen werden, die bei unauffälliger motorischer Neurographie den V.a. eine Myopathie lenkten. Die Skelettszintigraphie in 3-Phasen-Technik erbrachte den Befund einer rechtsbetonten floriden Entzündung der Weichteile beider Unterschenkel mit einer Hyperämie (Perfusionsphase), ausgeprägten und teilweise konfluierenden Anreicherungen der Unterschenkelmuskulatur (frühstatisch) und einem ossären Normalbefund (spätstatisch).

In der daraufhin entnommenen Muskelbiopsie zeigte sich eine mittelgradige nekrotisierende Myopathie bei chronisch-entzündlicher Zellinfiltration des Muskels. In den speziellen immunhistochemischen Färbungen fanden sich an mehreren Stellen kleinere Ansammlungen LCA-immunreaktiver Zellelemente, die sich als CD45R0- und CD3-immunreaktive T-Lymphozyten identifizieren ließen. Sie waren in den Wänden und der Umgebung kleinerer intramuskulärer Blutgefäße zu finden, so dass insgesamt eine Mitbeteiligung des Muskels bei einer systemischen Vaskulitis diskutiert wurde. Die weitere Diagnostik (Bakteriologie, Virologie, Vaskulitis-Serologie, Paraneoplasie-Screening) verlief ohne pathologische Befunde. Da die Beschwerden der Patientin in der Folge ohne Therapie rückläufig waren und im Vorfeld ein grippaler Infekt bestanden hatte, diagnostizierten wir eine parainfektiöse vaskulitische fokale Myopathie.