Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P603
DOI: 10.1055/s-2006-953427

Lokal-intravenöse Thrombolyse bei tiefer Hirnvenenthrombose

R. Huber 1, B. Schmitz 1, P. Kühnlein 1, A.C. Ludolph 1, J. Kassubek 1
  • 1Ulm

Eine 44-jährige Patientin wurde mit Kopfschmerzen und einer quantitativen Bewusstseinsstörung sowie einer moderaten Tetraparese zugewiesen. Klinisch fand sich zusätzlich eine Dehydratation bei einem seit einigen Tagen bestehenden gastrointestinalen Infekt, anamnestisch bestand eine hochdosierte Östrogen-Behandlung bei multiplen Uterus-Myomen und rezidivierenden vaginalen Blutungen. MR-tomographisch zeigte sich ein bilaterales, rechtsseitig führendes Thalamusödem bei Vorliegen einer ausgedehnten Thrombose der Vena cerebi interna, des Sinus rectus sowie des rechtsseitigen Sinus transversus. Bei progredienter klinischer und bildmorphologischer Verschlechterung unter PTT-wirksamer Heparinisierung wurde ein interventioneller Eingriff für einen lokal-fibrinolytischen Therapieansatz initiiert. Über einen transfemoralen Zugang wurde ein Mikrokatheter im Sinus rectus am Übergang zur Vena Galenii platziert. Die initiale Katheterpositionierung sowie die Kontrolle während der Intervention erfolgte durch transarterielle DSA-Serien anhand eines simultan in die linke Arteria Vertebralis eingebrachten Katheters. Die lokale Thrombolyse wurde mit 30000 Einheiten Urokinase/Stunde über 2 Tage durchgeführt. CTA-Kontrollen zeigten hierunter eine komplette Rekanalisation des Sinus rectus. Klinisch kam es bei zunächst prolongiertem intensivmedizinischem Verlauf auf Grund systemisch wirksamer transvaginaler Blutungen und rezidivierendem Erbrechen nach Extubation unter physiotherapeutischen und neuropsychologischen Rehabilitationsmaßnahmen zu einer Resitutio ad integrum. Kernspintomographisch fand sich hierzu passend eine komplette Remission der bithalamischen Affektionen ohne Nachweis einer hämorrhagischen Transformation. Die ätiologische Abklärung erbrachte neben den o.g. Befunden keine weiteren Auffälligkeiten. Bis zum aktuellen Zeitpunkt kam es bei subjektiver Beschwerdefreiheit unter Antikoagulation und Beendigung der Östrogen-Therapie nach operativer Revision der gynäkologischen Veränderungen zu keinem Rezidiv. Zusammenfassend sollte eine lokale intravenöse Thrombolyse als optionelles Therapieverfahren zur Behandlung innerer Hirnvenenthrombosen auf Grund der schlechten Prognose der Erkrankung in Betracht gezogen werden.