Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P601
DOI: 10.1055/s-2006-953425

Bilateraler Medialer Medulla oblongata Infarkt – Zwei Fälle

S. Nagel 1, P.D. Schellinger 1, M. Köhrmann 1, C. Herweh 1, P. Mellado 1
  • 1Heidelberg

Einleitung: Der mediale Medulla oblongata Infarkt (MMI) ist ein sehr seltenes Schlaganfall Syndrom. Der bilaterale mediale Medulla oblongata Infarkt (BMMI) ist darüberhinaus nur in 10 to 50% der Fälle eines MMI zu finden. Der BMMI ist klinisch charakterisiert durch eine Tetraplegie, keine Beteiligung der Gesichtmuskulatur, bilaterale Hypästhesie, Dysphagie, Dysphonie, Dys- bis Anarthrie und bilaterale Plegie der Zunge. Jedoch finden sich viele Varianten dieser klassischen klinischen Präsentation.

Patienten: Wir präsentieren zwei Fälle eines mittels MRT nachgewiesenen BMMI. Die erste Patientin (71 Jahre) wurde mit einem akuten Basilarissyndrom aufgenommen. Das initiale MRT zeigte eine hochgradige Stenose und akute Thrombose der A.basilaris und DWI Hyperintensitäten im Zerebellum und okzipitalen Kortex, aber nicht im Hirnstamm. Nach konventioneller Angiographie und Stenting der A.basilaris entwickelte die Patientin ein inkomplettes klinisches Syndrom eines BMMI. Das erneute MRT zeigte die entsprechende Läsion. Der zweite Patient (63 Jahre) erlitt eine akute Tetraplegie, Dysarthrie, Dysphagie und eine Zungenparese. Das MRT zeigte einen BMMI, eine hochgradige Stenose der rechten A.vertebralis und eine geringe Stenose der A.basilaris. Beide Patienten benötigten die sofortige Intubation und Beatmung und es war im Verlauf eine Tracheostomie (TS) indiziert, wobei die erste Patientin diese ablehnte. Nichts desto trotz konnten beide Patienten innerhalb zwölf Tagen von der maschinellen Beatmung entwöhnt werden. Das 3 Monate Follow-up zeigte für Patient 1 einen mRS score von 4 und für Patient 2 einen mRS score von 3.

Diskussion: Die vaskuläre Versorgung der Medulla wird durch die anteriomedialen Arterien sichergestellt und die häufigste Pathogenese ist eine lokale Atherothrombose. Die Prognose eines BMMI ist sehr schlecht, alle in der Literatur berichteten Patienten starben innerhalb 3 Monaten oder waren bettlägrig (mRS 5). Unsere Patienten präsentierten sich nicht mit dem kompletten klinischen Bild und erholten sich verhältnismässig gut im 3 Monate Follow-up (Rollstuhlfähig bzw. gehfähig). Deshalb halten wir es für gerechtfertigt, bei einem BMMI mit inkompletter Symptomatik, eine volle intensivmedizinische Therapie inklusive TS sowie Rehabilitation durchzuführen.