Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P562
DOI: 10.1055/s-2006-953386

Häufigkeit von Anfällen und Epilepsie bei HIV-infizierten Patienten einer neurologischen Klinik

C. Engbring 1, C. Kellinghaus 1, S. Evers 1, F. Boesebeck 1, I.W. Husstedt 1
  • 1Münster

Hintergrund: Die Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) ist sowohl mit mit opportunistischen Infektionen des zentralen Nervensystems (ZNS) als auch mit direkter Schädigung des ZNS durch das neurotrope Virus selbst assoziiert. Daher sind epileptische Anfälle bei HIV-infizierten Patienten nicht selten. Es gibt jedoch kaum systematische Daten über die Inzidenz und Prävalenz von epileptischen Anfällen bzw. Epilepsie in dieser Patientengruppe.

Methoden: Die Patientendatenbank der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Münster wurde nach Patienten HIV-positiven Patienten durchsucht, die zwischen 1992 und 2004 stationär oder ambulant behandelt wurden. Deren Krankenakten wurden nach Hinweisen auf akute epileptische Anfälle oder Epilepsie durchsucht. Soziodemographische und klinische Daten sowie alle verfügbaren Informationen zu Labor und Bildgebung wurden dokumentiert. Soweit möglich, wurden Angaben zur Therapie und Outcome erfasst.

Ergebnisse: Von 831 HIV-infizierten Patienten der Klinik für Neurologie hatten 51 (6,2%) epileptische Anfälle. Bei acht der 51 Patienten (16%) war eine Epilepsie schon vor Beginn der HIV-Infektion bekannt. Elf Patienten (22%) hatten lediglich akute Anfälle als Begleitsymptom akuter ZNS-Erkrankungen (8 Patienten), Alkohol- oder Drogenentzug bzw. Schlafentzug (2 Patienten), oder ungeklärter Ätiologie (1 Patient). Bei 32 Patienten (63%) entwickelte sich eine Epilepsie im Verlauf der HIV-Infektion. Häufigste akute Erkrankungen im Zusammenhang mit dem erstmaligen Auftreten von epileptischen Anfällen waren Toxoplasmose (7 Patienten) und Progressive Multifokale Leukenzephalopathie (7 Patienten). Bei 40 Patienten traten ausschließlich generalisierte Anfälle auf. Lediglich bei 8 Patienten wurden einfach-fokale Anfälle, und bei 3 Patienten komplex-fokale Anfälle dokumentiert. Siebenundzwanzig Patienten (53%) wurden antikonvulsiv behandelt, davon 14 mit Gabapentin und 9 mit Carbamazepin.

Schlussfolgerung: Anfälle sind ein relevantes neurologische Symptom im Verlauf der HIV-Infektion. Obwohl das Auftreten der Anfälle in manchen Patienten auf eine akute Krankheitsphase beschränkt bleibt, entwickelt die Mehrheit eine Epilepsie und benötigt antikonvulsive Therapie.