Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P501
DOI: 10.1055/s-2006-953326

Die Makrophagozytäre Myofasziitis als Trigger für die Exazerbation einer autoimmunologischen Grunderkrankung? Fallbericht eines 85-jährigen Patienten mit fatalem Ausgang

K. Mueller 1, S. Weinelt 1, M. Schubert 1, P. Schmidt 1, B. Volk 1
  • 1Freiburg, Münster

Zusammenfassung: Die Makrophagozytäre Myofasziitis (MMF) ist eine kürzlich beschriebene, iatrogene entzündlich-resorptive Muskelerkrankung, die bei bestimmten Personen nach Immunisierung mit aluminiumhaltigen Impfseren auftritt. Die klinische Symptomatik besteht in diffusem Muskel- und Gelenkschmerz, leichter Muskelschwäche mit gelegentlichem Fieber und erweckt klinisch den Verdacht auf eine Polymyositis.

Muskelbioptische Untersuchungen zeigen in peri- und epifaszialen Regionen lokale resorptiv-entzündliche Zellvermehrungen mit aluminiumhaltigen Makrophagen.

Der hier gezeigte 85ährige Patient mit vorbekannter, medikamentös gut eingestellter Polmyalgia rheumatica wurde klinisch durch progrediente proximale schmerzhafte Paresen nach positiver Impfanamnese auffällig. Eine Muskelbiopsie des M. biceps erbrachte myopathologisch den charakteristischen Befund einer Makrophagozytären Myofasziitis mit typischen epifaszialen Anhäufungen PAS-positiver Makrophagen und geringer lmphozytär-entzündlicher Beteiligung. Sowohl elektronenmikroskopisch als auch in atomaren Absorptionsspektren konnten aluminiumhaltige Korpuskel nachgewiesen werden. Im Folgenden zeigte sich klinisch überraschenderweise eine rasch progrediente Verschlechterung des Patienten mit generalisierter Muskelschwäche, Beatmungspflicht und Sekundärkomplikationen wie respiratorische und kardiale Schwäche. In einer zweiten Muskelbiopsie kontralateral waren Zeichen einer nekrotisierenden Myopathie sowie einer generalisierten humoral-entzündlichen Muskelaffektion wie bei Dermatomyositis nachweisbar. Bei Verdachtsdiagnose einer paraneoplastischen Myopathie konnte klinisch in umfangreichen Untersuchungen kein Tumor nachgewiesen werden. Der Patient verstarb ca. 8 Wochen nach Einsetzen der Beschwerden in der respiratorischen Insuffizienz. Eine Obduktion konnte nicht durchgeführt werden.

Der dargestellte Krankheitsverlauf zeigt die Assoziation einer vorbestehenden autoimmunologischen Grunderkrankung mit der MMF als zusätzlicher, lokaler muskulärer Entzündungsreaktion auf. Mögliche Zusammenhänge zwischen diesen Diagnosen werden diskutiert. Wir kommen zum Schluss, dass Individuen mit erhöhter Anfälligkeit für generalisierte autoimmunologische Grunderkrankungen ein höheres Risiko für ungünstige Krankheitsverläufe bei zusätzlicher Belastung durch eine entzündliche neuromuskuläre Erkrankung wie der MMF tragen.