Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P430
DOI: 10.1055/s-2006-953255

Hippokampale Läsionen bei Akuter Ischämie der A. Cerebri Posterior

K. Szabo 1, A. Förster 1, S.C. Bukow 1, R. Kern 1, M. Griebe 1, M.G. Hennerici 1, A. Gass 1
  • 1Mannheim

Fragestellung: Der Hippokampus ist als Teil des limbischen Systems eine funktionell wichtige Struktur, die bei zahlreichen akuten und chronischen neurologischen Erkrankungen in unterschiedlicher Weise betroffen sein kann. Neben akut ischämischen Läsionen konnte die diffusionsgewichtete MRT (DWI) bei der transienten globalen Amnesie (TGA) und beim komplex-fokalen Status epilepticus (CPSE) Läsionen des Hippokampus identifizieren. Aus diesem Grund untersuchten wir klinische und MRT Charakteristika bei Patienten mit eindeutigem, akut ischämischen Schlaganfall im Stromgebiet der A. cerebri posterior (ACP) mit hippokampaler Beteiligung.

Methoden: Aus einer prospektiv gesammelten MRT-Datenbank von Schlaganfallpatienten (2000–2005) wurden 36 Fälle mit akut ischämischem Schlaganfall im Stromgebiet der ACP und Beteiligung des Hippokampus analysiert.

Ergebnisse: In 34/36 Fällen fand sich die hippokampale ischämische Läsion unilateral (10 rechts, 24 links), während in 2 Fällen bilaterale Läsionen vorlagen. Bei allen Patienten waren darüber hinaus noch weitere akute extra-hippokampale DWI Läsionen im Stromgebiet der ACP nachweisbar. In der MRA fanden sich in 32/36 Fällen Hinweise auf eine Stenose oder einen Verschluss der ACP. In allen Fällen traten typische Symptome eines vertebrobasilären Schlaganfalles (Hemianopsie, Hemiparese, Hemiataxie) auf, während sich nur bei 14/36 Patienten zusätzlich neuropsychologische Symptome (überwiegend Neglect-Phänomene), und bei 10/36 Patienten auch leichte mnestische Störungen fanden. Nur bei einem Patienten ist initial ein Krampfanfall aufgetreten. Typische Symptomkonstellationen einer TGA (ausgeprägte Neugedächtnisstörung, repetitives Nachfragen) oder CPSE (Bewusstseinsstörung, Verwirrtheit) standen bei keinem der Fälle mit unilateraler hippokampaler Ischämie klinisch im Vordergrund – lediglich bei bilateraler Hippokampusbeteiligung trat ein ausgeprägtes mnestisches Syndrom auf.

Abb. 1: 64-jähriger Mann mit akutem amnestischen Syndrom. Die DWI (a) zeigt bihemisphärische multiple akut ischämische Läsionen in beiden ACP-Stromgebieten u.a. mit beidseitiger Beteiligung des Hippokampus. Ursächlich finden sich in der MRA bilaterale ACP Stenosen (c) mit verzögerter Kontrastmittelbolusanflutung in beiden ACP-Stromgebieten auf den TTP Maps der MR-Perfusion.

Abb. 2: 72-jährige Frau mit transienter sensibler Störung des linken Beines, ohne weitere – insbesondere ohne neuropsychologische – Symptome. Die DWI zeigt akut ischämische Läsionen im lateralen Anteil des rechten Hippokampuskörpers und eine punktförmige Läsion des Spleniums (a + b). In der MRA (c) findet sich eine Stenose der ACP mit entsprechender Minderpoerfusion im ACP Territorium rechts (d).

Schlussfolgerungen:

1. Eine akute nur auf den Hippokampus begrenzte DWI Läsion spricht gegen das Vorliegen einer akuten arteriellen Ischämie. In der Regel sind bei Läsionen akut ischämischer Genese weitere extra-hippokampale Strukturen im Stromgebiet der ACP betroffen.

2. Die klinische Symptomatik eines akuten Schlaganfalls mit hippokampaler Beteiligung besteht in erster Linie aus fokal-neurologischen Symptomen eines vertebrobasilären Schlaganfalles, wohingegen isolierte mnestische Symptome oder Krampfanfälle nur selten auftreten.