Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P412
DOI: 10.1055/s-2006-953237

Mutationsrate und Behandlungserfolg bei Patienten mit früh beginnendem M. Parkinson und tiefer Hirnstimulation

A. Hiller 1, E. Rogaeva 1, S. Winkler 1, A. Djarmati 1, K. Hedrich 1, A.E. Lang 1, E. Moro 1, G. Deuschl 1, J. Volkmann 1
  • 1Lübeck; Toronto, CA; Kiel

Fragestellung: Mit bilateraler tiefer Hirnstimulation des Nucleus subthalamicus (STN-THS) behandelte M. Parkinson (MP)-Patienten erkranken häufig im frühen Lebensalter, und ein hoher Anteil an Mutationen in rezessiv vererbten Parkinson-Genen ist nahe liegend.

Die Wirksamkeit der STN-THS bei Mutationsträgern ist bisher nur an einer kleinen Stichprobe untersucht worden.

Die vorliegende Studie bestimmte bei mit STN-THS behandelten MP-Patienten die Mutationsraten im Parkin- und PINK1-Gen und verglich den Behandlungserfolg bei mutationspositiven und -negativen Patienten.

Methoden: Es wurden 75 Patienten (45M, 29W) mit früh beginnendem MP (Erkrankungsalter <40 Jahre) eingeschlossen, die im Zeitraum von 1996 bis 2005 in Kiel oder Toronto mit STN-THS behandelt wurden. Auf Parkin- und PINK1-Mutationen wurde mittels SSCP/Sequenzierung und quantitativer PCR getestet. Das DJ1-Gen wurde aufgrund des seltenen Vorkommens von Mutationen nicht analysiert.

Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der Implantation betrug die Erkrankungsdauer 18,3±6,9 Jahre. Eine Nachuntersuchung wurde nach 18,6±19,2 Monaten durchgeführt. Acht Patienten (10,7%) trugen Mutationen im Parkin- oder PINK1-Gen [MUT+]; bei 67 Patienten wurden keine Mutationen detektiert [MUT-].

In der Nachuntersuchung beider Gruppen zeigten sich unter Stimulation signifikante Verbesserungen im UPDRS-III-Score (37,2%, bzw. 46,6%, p<0.01). Ähnlich profitierten beide Gruppen im UPDRS-II-Score (MUT+: 23,5%, p=0,15 und MUT-: 45,2, p<0.01%) sowie in der Reduzierung der täglichen Levodopa-Äquivalenzdosis (MUT+: 48,3%, p=0.05; MUT-: 48,8%, p<0.01) und im Anstieg in der Bewertung nach Schwab&England (MUT+: 31,1%, p=0.02; MUT-: 37,9%, p<0.01).

Im Vergleich zwischen beiden Gruppen war vor Implantation der UPDRS-Tremor-Score im ON-Zustand in der MUT+-Gruppe deutlich höher (57,6%), als in der MUT–Gruppe (p=0.02). Nach der Implantation war das Hoehn&Yahr-Stadium (für ON und OFF) etwas höher in der Gruppe MUT+ (ON: 21,4%, p=0.02; OFF: 23,5%, p=0.05). Darüber hinaus gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen.

Diskussion:

  • Mutationen in rezessiv vererbten Parkinson-Genen sind relativ häufig bei MP-Patienten mit tiefer Hirnstimulation und frühem Krankheitsbeginn.

  • Grundsätzlich ist die STN-THS, unabhängig vom Mutationsstatus, eine effektive Behandlungsmaßnahme.

  • Ein möglicher besserer Behandlungserfolg in der MUT–Gruppe hinsichtlich des Stadiums nach Hoehn & Yahr muss an einer größeren Patientengruppe überprüft werden.