Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P403
DOI: 10.1055/s-2006-953228

Oligoklonale IgG-Banden im Liquor bei einem Jungen mit Leber'scher hereditärer Opticusatrophie ohne Anhalt für Multiple Sklerose – Risikofaktor für eine LHON-MS oder „häufigeres Phänomen“?

S. Jung 1, K. Fassbender 1
  • 1Homburg/Saar

Es wird über einen 15jährigen Jungen berichtet, der während 4 Wochen eine rasch progrediente, schmerzlose bilaterale hochgradige Visusminderung auf <0,1 mit Zentralskotom entwickelte. Die neurologische Untersuchung erfolgte etwa 8 Wochen nach Beginn der Symptomatik mit der Frage nach bilateraler Retrobulbärneuritis.

Anamnese und neurologischer Befund waren ohne Hinweise auf andere Störungen. Konventionelle VEP liessen keine sichere Latenzbestimmung zu, Blitz-VEP ergaben normale Latenzen. Auch alle übrigen EP waren ohne Anhalt für einen demyelinisierende Erkrankung. Die zerebrale MRT war frei von Läsionen. Exclusiv im Liquor waren oligoklonale IgG Banden nachweisbar ohne quantitative Auswirkung auf den IgG-Index. Nachdem höchstdosiertes Cortison ohne Effekt auf den Visus blieb, erfolgten Plasmapheresen ohne klinische Verbesserung. Die parallel veranlasste genetische Untersuchung auf LHON ergab die häufige 11778-Mutation.

Der Fall zeigt, dass bei entsprechender Anamnese und Befundkonstellation das genetische screening auf LHON auch sinnvoll sein kann, wenn oligoklonale Banden (OCB) für einen immunvermittelten Prozess sprechen. Er wirft aber auch die Frage auf, ob die OCB ein „häufigeres Phänomen“ bei LHON sind oder in unserem Fall einen prognostisch ungünstigen Befund im Hinblick auf die Entwicklung einer LHON-MS darstellen, die meistens bei Frauen beschrieben wurde.