Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P266
DOI: 10.1055/s-2006-953091

Erhöhte CO2-induzierte Vasomotorenreaktivität bei Migräne: Eine Studie mit Nahinfrarotspektroskopie und transkranieller Dopplersonographie

S. Dettmann 1, J.J. Schwarze 1, O.W. Witte 1, J. Klingelhöfer 1, C. Terborg 1
  • 1Chemnitz, Jena

Hintergrund: Eine veränderte CO2-induzierte Vasomotorenreaktivität (VMR) könnte bei der Pathogenese der Migräne eine Rolle spielen. Ziel der Studie war es, mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) und transkranieller Dopplersonographie (TCD) die VMR bei Patienten mit Migräne im kopfschmerzfreien Intervall mit der von Normalpersonen zu vergleichen.

Methode: Wir maßen die CO2- induzierte Vasomotorenreaktivität von 29 Normalpersonen (Alter: 40,6±18,1 Jahre), 30 Patienten mit Migräne ohne Aura (34,3±14,8 Jahre) und 20 Patienten mit Migräne mit Aura (32,2±14,2 Jahre) mittels TCD und NIRS. Dazu wurden die zerebrale Blutflussgeschwindigkeit in der A. cerebri media (MCA) beidseits, Änderungen der Konzentration von oxygenierten Hämoglobin [O2Hb], desoxygenierten Hämoglobin [HHb], Gesamthämoglobin [cHb] und [Hbdiff] ([O2Hb] minus [HHb]) mittels NIRS und der mittlere arterielle Blutdruck unter Normokapnie und Hyperkapnie gemessen. Die CO2-induzierte VMR wurde berechnet als prozentualer Anstieg der zerebralen Blutflussgeschwindigkeit (normierte CO2-Reaktivität, NCR) und als absolute Konzentrationsänderungen von [O2Hb], [HHb], [cHb] und des Parameters [Hbdiff] (micromol/l) pro 1%-igen Anstieg der endtidalen CO2-Konzentration.

Ergebnisse: Die VMR war bei den Patienten mit Migräne im Vergleich zu den Probanden für sämtliche Parameter signifikant erhöht (Mann Whitney U; p<0,05). Patienten mit Migräne ohne Aura unterschieden sich nicht von Patienten mit Migräne mit Aura hinsichtlich ihrer VMR. Mit Ausnahme der CR-cHb korrelierten sämtliche NIRS-Reaktivitäten mit der NCR (Pearson p<0.01).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit Migräne im kopfschmerzfreien Intervall eine erhöhte CO2- induzierte Vasomotorenreaktivität aufweisen. Die veränderte Reagibilität der zerebralen Widerstandsgefäße könnte an der Pathogenese der Migräne beteiligt ist. Die Messung der CO2-induzierten VMR könnte für die Differenzialdiagnostik episodischer Kopfschmerzen genutzt werden.

NCR links

NCR rechts

CR-O 2 Hb

CR-HHb

CR-cHb

CR-Hbdiff

Probanden

20,8±7,5

22,3±7,8

1,63±0,83

–1,53±0,7

0,23±0,6

3,13±1,4

Migräne ohne Aura

32,9±13,3

31,7±11,1

2,63±1,06

–2,35±0,9

0,42±0,44

4,95±1,87

Migräne mit Aura

36,5±15,0

34,1±12,9

2,77±1,06

–2,38±0,93

0,54±0,53

5,18±1,98