Aktuelle Neurologie 2006; 33 - V196
DOI: 10.1055/s-2006-953029

Liquorkonzentrationen von Gesamt-Tau, Phospho-Tau und Beta-Amyloid (1–42) bei atypischen Parkinsonsyndromen (MSA und PSP)

S.D. Süßmuth 1, J. Brettschneider 1, B. Landwehrmeyer 1, J. Kassubek 1, A.C. Ludolph 1, H. Tumani 1
  • 1Ulm

Fragestellung: Die Multisystematrophie (MSA) und die Progressive supranukleäre Paralyse (PSP) sind wichtige Differentialdiagnosen des M. Parkinson (PD). Die diagnostische Signifikanz der Liquorproteine Tau (t-tau), Phospho-Tau (p-tau) und Beta-Amyloid[1–42] (Abeta42) ist für die Alzheimer-Demenz gut beschrieben, jedoch sind die Ergebnisse zu Parkinsonsyndromen widersprüchlich. Daher sollten diese Proteine im Liquor von Patienten mit Parkinsonsyndromen unter Berücksichtigung der klinischen Parameter evaluiert werden.

Methoden: Im Liquor wurde t-tau, p-tau und Abeta42 (ELISA) von Patienten mit PSP (n=20; 66,8±8,7J.; UPDRS III: 35,5±15), MSA (n=19; 59,9±9,4J., UPDRS III: 29,3±14) und PD (n=20; 64,4±8,5J., UPDRS III: 20,4±9,6) untersucht. Zur Charakterisierung wurden die klinischen Skalen nach Hoehn & Yahr, Schwab & England, der motorische Teil des UPDRS (III) und der MiniMental-Test verwendet. Die statistische Analyse erfolgte mittels Wilcoxon-Test und Spearman-Korrelationskoeffizient.

Ergebnisse: Bei der PSP wurde eine negative Korrelation von t-Tau im Liquor zum Mini-Mental-Status (r=–0,73; p=0,018) bzw. eine positive Korrelation zur Progression des Mini-Mental-Werts im Verlauf der Erkrankung (r=0,64; p=0,004) gefunden. P-Tau und Abeta korrelierten bei keiner der Erkrankungen mit klinischen Parametern. Der Quotient p-Tau/t-Tau war, im Vergleich zur PD, signifikant niedriger bei MSA (p<0,001) und PSP (p=0,009). Bei der PSP korrelierte dieser Tau-Quotient sehr gut mit den Werten aller klinischer Skalen. Der bei Alzheimer genutzte Quotient Abeta42/t-Tau war ebenfalls sowohl bei MSA (Median 0,7; p=0,046) als auch bei PSP (Median 0,42; p=0,001) signifikant niedriger als bei PD-Patienten (Median 1,1).

Zusammenfassung: 1. MSA und PSP zeigen bei Verwendung von Quotienten aus t-tau, p-tau und Abeta deutliche Unterschiede zur PD und weisen damit auf im Liquor erkennbare unterschiedliche pathophysiologische Vorgänge hin. 2. Die neuronale Schädigung bei der PSP, abgebildet durch den neuronalen Marker t-Tau und dem Quotienten p-Tau/t-Tau, geht mit einem für die Erkrankung typischen, rasch progredienten Verlauf einher. 3. Das oft gleichsinnige Verhalten der angewendeten Parameter bei MSA und PSP im Vergleich zur PD könnten mit dem fortgeschritteneren Krankheitsgrad der MSA- und PSP-Patienten zusammenhängen. Größere Fallstudien und Longitudinalstudien zur Wertigkeit dieser Liquorparameter in der Abgrenzung der Parkinsonsyndrome wären sinnvoll.