Aktuelle Neurologie 2006; 33 - M41
DOI: 10.1055/s-2006-952973

Ulnaris-Operation und Botulinumtoxintherapie bei Pancoast-Tumor

O. Gregor 1, S. Dettmann 1, J.J. Schwarze 1, J. Klingelhöfer 1
  • 1Chemnitz

Kasuistik: 58-jähriger Gießereifacharbeiter ohne wesentliche Vorerkrankungen, seit März 2005 Schmerzen im rechten Arm, Gefühlsstörungen und eingeschränkte Fingerbeweglichkeit der rechten Hand. Ambulante neurologische Abklärung einschl. Elektrophysiologie mit Diagnosestellung Sulcus-ulnaris-Syndrom.

Im Mai 2005 Operation im Bereich des Sulcus ulnaris ohne Besserungstendenz.

Bei zunehmender Schmerzsymptomatik des gesamten rechten Armes und progredienter Pare-se der rechten Hand stationäre Diagnostik und Therapie in auswärtiger Neurologischer Klinik. Dort elektrophysiologische Abklärung und CT-Untersuchung der HWS. Diagnosestellung: Morbus Sudeck rechte Hand, Nervus ulnaris Läsion rechts, Karpaltunnelsyndrom rechts, Nervus radialis Syndrom rechts.

Weitere ambulante neurologische Betreuung, vorwiegend auf Schmerzbehandlung ausgerichtet, wiederholte Botulinumtoxintherapie bei komplexem regionalem Schmerzsyndrom.

Im März 2006 Aufnahme in Klinik für Neurologie wegen progredienter Gangstörung. Bei Aufnahme Horner-Syndrom rechts, Plegie und deutliche distal betonte Atrophie des rechten Armes, inkomplettes rechtsbetontes Querschnittssydnrom unterhalb von Th 3.

Diagnostik: Ausgedehnter raumfordernder Prozess im Bereich der rechten Lungenspitze mit Ausdehnung in das vordere obere Mediastinum, Infiltration der Plexusregion, Destruktion der Wirbelkörper C6– Th 2 sowie breitbasige Infiltration des Spinalkanals mit Kompression des Myelons. Zusätzlich multiple Lungenmetastasen sowie 3cm große Kleinhirnmetastase links.

Innerhalb von 2 Tagen kommt es zu einer weitgehenden Komplettierung des Querschnittssyndroms. Aufgrund des ausgedehnten lokalen Prozesses mit multipler Metastasierung ist nur noch eine palliative Behandlung möglich.

Zusammenfassung: In der Gesamtschau des ungünstigen klinischen Verlaufes ergeben sich bei Analyse der differentialdiagnostischen Erwägungen eine ganze Reihe von Schwachstellen:

  • Fehlbeurteilung der unteren Plexusläsion als Sulcus-ulnaris-Syndrom

  • unnötige Operation

  • ungenügende stationäre Abklärung ohne adäquate Bildgebung

  • ambulante Weiterbetreuung, ohne die Diagnose in Frage zu stellen

  • Diagnosestellung erst bei schon tastbarem Tumor