Gesundheitswesen 2005; 67 - P36
DOI: 10.1055/s-2005-920624

Der Work Ability Index – ein praktikables Instrument zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in Deutschland?

R Seibt 1, M Thinschmidt 1
  • 1Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden

Ziel: Der Work Ability Index (WAI) wurde am Finnischen Institut für Arbeitsmedizin als betriebsärztliches Instrument zur Selbstbeurteilung der Arbeitsfähigkeit (Af) entwickelt und wird inzwischen weltweit in epidemiologischen Studien eingesetzt. In Deutschland wird er bisher nur in ausgewählten Unternehmen und betriebsärztlichen Zentren sowie für wissenschaftliche Fragestellungen genutzt. Die weltweit erhobenen WAI-Daten sollen vergleichbar sein! Ob die finnischen Klassifikationskriterien zur Bewertung der Af für Deutschland repräsentativ sein können, sollte in ener Pilotstudie untersucht werden. Methodik: Der WAI setzt sich aus 7 Subskalen zusammen, die Aussagen zur Verausgabung durch die bisherige Arbeit, zum Gesundheitszustand (Erkrankungen, Fehltage) sowie zu Leistungsreserven liefern. Entsprechend der erreichten Punktsumme wird die Af als niedrig (7–27), mittel (28–36), gut (37–43) oder hoch (44–49) eingestuft. Die Ausprägung des WAI wurde für 417 Arbeitnehmer (Männer: 19%) geprüft. Diese gehören vier Berufsgruppen an (120 Lehrer, 159 Büroangestellte, 64 Ärzte, 74 Erzieher) und weisen einen Altersdurchschnitt von 44±9 Jahren auf; 58% besitzen einen Hochschul- und 42% einen Berufs- bzw. Fachschulabschluss. Ergebnisse: Die Af der Stichprobe ist mit durchschnittlich 41 Punkten als gut einzustufen; nur 3% aller Arbeitnehmer weisen niedrige und 25% hohe Af auf. Im Vergleich zur finnischen Referenzstichprobe (15% niedrige bzw.15% hohe Af) liegt eine Punktwertverschiebung zu Gunsten höherer Af vor, wobei der WAI bei Männern (42±5 Punkte) signifikant höher (p=.001) als bei Frauen (40±5 Punkte) ist. Ärzte weisen die beste, Lehrer die schlechteste Af auf (p=.001). Bei Lehrern ist der Anteil verminderter Af (32%) 8-fach höher als bei Ärzten. Trotz des hohen Qualifikationsniveaus sind berufsspezifische Einflüsse erkennbar. Schlussfolgerungen: In weiteren bundesweiten Studien ist zu klären, ob es sich bei der Rechtsverschiebung des WAI um einen qualifikations-, regional- oder deutschlandspezifischen Effekt handelt. Dies hat Konsequenzen für die Beurteilung der Af. Besonderheiten von Berufsgruppen sind zu beachten.