Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2005-919625
Psychosyndrom bei Patienten mit Guillain-Barré Syndrom – gibt es Ziel-Proteine für GBS-Autoantikörper im ZNS?
Das Guillain-Barré Syndrom (GBS) ist eine Autoimmunkrankheit des peripheren Nervensystems. Überraschenderweise entwickeln viele Patienten zusätzlich ein Psychosyndrom mit Desorientiertheit, mnestisch-kognitiven Einbußen und Wahrnehmungsstörungen. Die Ursachen sind bislang nicht bekannt. Die Art der Beeinträchtigung legt aber nahe, dass generelle Mechanismen wie im Bereich der Glia oder in den Areal-übergreifenden monaminergen Systemen gestört sind.
Die beeinträchtigte Funktion der Astrozyten als Ursache eines Psychosyndroms wird durch verschiedene Untersuchungen gestützt. So enthalten Seren von GBS-Patienten Autoantikörper gegen Astrozyten-Proteine (Görtzen et al, 2004, Autoimmunity 37:521–28). Dementsprechend könnte das Psychosyndrom sowohl beim GBS (autoimmune Störung der Astrocytenfunktion) als auch bei der hepatischen Encephalopathie (Schädigung der Astrozyten durch Ammonium-Ionen) als generalisierte Beeinträchtigung des Astrozyten-Systems aufgefasst werden.
Für die alternative Hypothese, die generalisierte Störung zerebraler monaminerger Systeme, gibt es bisher praktisch keine experimentellen Daten. Wir haben daher nach bisher unbekannten Ziel-Antigenen für GBS-Autoantikörper im ZNS gesucht. Basierend auf der weitgehenden Sequenz-Homologie der zerebralen Proteine haben wir das Gehirn der Ratte ausgewählt, um eine Reaktivität humaner GBS-Seren immunzytochemisch nachzuweisen.
Eingesetzt wurden 52 Seren von Patienten mit GBS, 38 von Patienten mit Multipler Sklerose und 46 Seren von gesunden Kontrollpersonen oder Patienten ohne Autoimmunerkrankung (Cephalgie, Normaldruckhydrocephalus). Um Reaktionen mit „natural autoantibodies“ auszuschließen, wurden die Seren in sehr hoher Verdünnung (1:5000) eingesetzt. Unsere Ergebnisse konnten die Reaktivität vieler GBS-Seren mit Astrozyten-Proteinen bestätigen. Daneben fanden sich auch in Kontroll-Seren Autoantikörper gegen verschiedene Typen von Nervenzellen, allerdings ohne Korrelation zu bestimmten Krankheitsbildern.
Überraschenderweise fanden sich in einigen GBS-Seren Autoantikörper gegen Neurone von monaminergen Systemen. Besonders deutlich war die Immunreaktivität cholinerger Neurone (Interneurone im Striatum und Projektionsneurone in den Kernen des diagonalen Bandes). In diesem Zusammenhang wirken die mnestisch-kognitiven Störungen beim Psychosyndrom von GBS-Patienten verständlich, da auch bei anderen Hirnerkrankungen (kognitive Defizite beim M. Alzheimer) das cholinerge System beteiligt zu sein scheint.