Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P361
DOI: 10.1055/s-2005-919395

Risikoprofil von Drop-out-Patienten mit einer Mitoxantron-Therapie bei Multipler Sklerose

S Vogel 1, K Retzlaff 1, R Dudeck 1, R Reuß 1, C Burger 1, S Mannes-Keil 1, M Kaps 1, P Oschmann 1
  • 1Gießen

Fragestellung: Die Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) mit Interferonen weist eine hohe Drop-out-Rate auf. Gibt es dazu Analogien hinsichtlich einer Therapie mit Mitoxantron? Lässt sich ein Risikoprofil dieser Drop-out-Patienten identifizieren?

Methoden: Die Datenermittlung erfolgte retrospektiv auf Basis der Krankenakte (1999–2004). Ausgewertet wurde der Krankheitsverlauf von 100 Patienten (EDSS vor Therapiebeginn mit Mitoxantron und nach Therapieende), das Mitoxantron-Dosierungsschema, die Nebenwirkungen und die Drop-out-Rate, sowie deren Gründe.

Ergebnis: Zu Therapiebeginn betrug das Durchschnittsalter 42,5 Jahre, 81% hatten einen sekundär chronisch progredienten Verlauf, 66% waren weiblich. Die Diagnosestellung lag durchschnittlich 11 Jahre zurück. Der mittlere EDSS-Wert lag bei 5,7 (±1,3). Ausgewertet wurden 3 Mitoxantron-Schemata (mit und ohne Induktionsphase, sowie Deeskalation im 2. Therapiejahr). Von den beobachteten 100 Probanden haben 33 bisher die Therapie regulär beendet, 24 vorzeitig abgebrochen (im Durchschnitt nach 9 Monaten Therapiedauer, die Hälfte erhielt 5 Zyklen oder weniger), 44 befinden sich aktuell noch in der Behandlungsphase. Die Drop-out Gründe waren in allen Fällen Patientenentscheidungen, keine ärztlichen Empfehlungen. Der EDSS vor Therapie liegt bei der Drop-out-Gruppe (n=24) im Mittel mit 6,3 (±1,3)höher als in der Vergleichsgruppe (n=33) mit 5,5 (±1,6); ebenso nach Therapieende (Drop-out-Gruppe EDSS 6,7 (±1,1); Vergleichsgruppe EDSS 5,0 (±2,3). Während der Therapie verbesserten sich in der Drop-out-Gruppe nur 5% in ihrem Krankheitsverlauf (Vergleichsgruppe 35%) und 50% verschlechterten sich (Vergleichsgruppe 29%). Beide Gruppen unterscheiden sich nicht signifikant hinsichtlich der Verlaufsform, des Alters, der Nebenwirkungshäufigkeit und des Mitoxantron-Dosisschemas.

Schlussfolgerungen: Bei der Behandlung der MS mit Mitoxantron wurde ebenso wie bei den Interferonen eine hohe Drop-out-Rate identifiziert. Das Nebenwirkungsprofil und die Verlaufsform stellen dabei keine Ursache dar. Auf ein Risiko weist ein hoher EDSS zu Beginn der Therapie hin und eine möglicherweise daraus resultierende schlechte Wirksamkeit. Die Beobachtung, dass 10 von 24 Patienten bereits nach 5 Infusionen die Therapie beendeten, weist auf die Wichtigkeit einer konsequenten Patientenführung sowie ein ausführliches Aufklärungsgespräch hin, um die Erwartungshaltung zu relativieren.