ZFA (Stuttgart) 2005; 81(3): 121-126
DOI: 10.1055/s-2005-836310
Versorgung

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Themenprogression in der fallbezogenen Qualitätszirkelarbeit - Exemplarische Analyse von Schwerpunktverlagerungen am Beispiel des Interdisziplinären Qualitätszirkels Göttingen

Theme-progression in Case Orientated Peer Review GroupsO. Bahrs1 , S. Heim1
  • 1Abteilung Medizinische Psychologie, Universität Göttingen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
17. März 2005 (online)

Zusammenfassung

Fallorientierung und Themenzentrierung sind Zielkriterien der systematischen Arbeit in Qualitätszirkeln, die gelegentlich miteinander im Widerspruch zu stehen scheinen. Am Beispiel des Interdisziplinären Qualitätszirkels (IQZ) zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit psychosozialen Problemen in der Region Göttingen wird rekonstruiert, wie sich die Falldiskussionen thematisch aufeinander bezogen haben. Thematische Entwicklung und praktische Kooperationsförderung lassen sich demnach als Prozess begreifen, der ungeplant und dennoch gerichtet erscheint und zur Neuformulierung von Zielen und Themen führt. In monatlichen Treffen über drei Jahre trafen sich fünf niedergelassene Allgemeinärzte, eine Ärztin des Gesundheitsamtes, ein Sozialarbeiter, die Gesundheitsberaterin einer Krankenkasse, die Projektleiterin der Selbsthilfekontaktstelle, eine Suchtberaterin, ein Angehörigenberater sowie drei Vertreter von Selbsthilfegruppen zu ca. 3-stündigen Besprechungen, bei denen jeweils einer der Teilnehmer einen Fall aus seinem Arbeitsfeld präsentierte. Selbsthilfegruppenvertreter konnten erstmals systematisch und kontinuierlich ihr Expertenwissen und damit die Patientenperspektive einbringen. Moderiert und wissenschaftlich begleitet wurde der Zirkel von den Autoren. Ziel: Verbesserung der regionalen Versorgung von Patienten mit psychosozialen Problemen, Förderung von Kooperation und Vernetzung. Methode: Die nach dem Modell ärztlicher Qualitätszirkel [1] strukturierten Treffen wurden auf Band aufgenommen und komplett transkribiert, Basis für zusammenfassende Protokolle, welche die Diskussionsverläufe nachvollziehbar machten, und für weitergehende Text- und Interaktionsanalysen. Die Fallvorstellungen waren je nach Arbeitsgebiet sehr unterschiedlich und reichten von videodokumentierten Gesprächen über die Zusammenstellung von Auszügen aus Patientenakten bis zu mündlichen Darstellungen. Evaluiert wurden die Sitzungen durch Teilnehmerkurzbeurteilungen nach jeder Sitzung sowie drei umfangreiche Fragebögen. Ergebnisse: Der Qualitätszirkel fungierte als Modell der regionalen Versorgungswirklichkeit, Schnittstellenprobleme konnten aufgezeigt und Ansätze zu ihrer Behebung erarbeitet werden.

Abstract

Main objectives of a systematically working quality circle or peer review group (PRG) should be case orientated and focused on themes. This seems to be contradictory at first sight. As follows we try to reconstruct how case discussions can refer thematically to each other using for example the interdisciplinary quality circle of Göttingen. This PRG aimed to promote networking between different professions to improve psychosocial care in the region. Theme-progression and cooperation improvement can be taken as a process which is unplanned and purposeful at the same time and leads to the reformulation of goals and themes as well. The PRG met once a month during three years comprising of 5 GPs, a physician from the Public Health department, a social worker, two health promoters (insurance company and local self-help promoting centre), an addiction consulter, a consulter for relatives and three patients' representatives who integrated patients' expert knowledge and perspective into a German PRGs for the first time. The members presented cases from their specific work, the group discussions being moderated and scientifically accompanied by the authors. Methods: The audiotaped meetings were literally transcribed using this material for protocols and further analyses. The case presentations varied depending on the different settings (video taped consultations, excerpts from the treatment documentation, oral reports). Short questionnaires after each session and three more detailed questionnaires were used to measure the members' satisfaction and effects of the group work. Results: Serving as a model of local psychosocial supply the group discussions elicited deficits of cooperation and helped fostering ways of improvement.

Literatur

  • 1 Bahrs O, Gerlach F M, Szecsenyi J. et al .Ärztliche Qualitätszirkel - Leitfaden für Praxis und Klinik. Deutscher Ärzteverlag, Köln 2001
  • 2 Bahrs O. Leitfaden für Moderatoren von Qualitätszirkeln in Prävention und Gesundheitsförderung. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (im Druck)
  • 3 Tausch B, Härter M. Qualitätszirkel in der hausärztlichen Versorgung - Evaluation des Modellprojekts der Kassenärztlichen Vereinigung Südbadens. Arcis-Verlag GmbH, München 1996
  • 4 Träder J M. Qualitätszirkel Lübeck - Versuch einer Bilanz.  Z Allg Med. 1996;  72 244-248
  • 5 Bahrs O, Heim S, Nave M. Patientenzentriert und interdisziplinär - Der Interdisziplinäre Qualitätszirkel Göttingen zur Versorgung von Patienten mit psychosozialen Problemen. Dr. med. Mabuse 2000; 20-24, 25, 128
  • 6 Bahrs O, Heim S. Kooperation zwischen Professionellen und Selbsthilfegruppen - ein Beispiel aus der praktischen Arbeit des Interdisziplinären Qualitätszirkels Göttingen zur Versorgung von Patienten mit psychosozialen Problemen.  Z Allg Med. 2001;  77 202-206
  • 7 Bahrs O, Heim S. Professionalisierung von Patienten - De-Professionalisierung von Helfern: Interdisziplinäres Lernen im Qualitätszirkel - Verbesserung der Versorgung von Patienten mit psychosozialen Problemen.  Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement. 2002;  7 82-85
  • 8 Bahrs O, Schmidt U. Video „Mir ist alles zu viel” (dokumentarisch aufbereitetes Arzt-Patienten-Gespräch). GeMeKo, Göttingen 1999
  • 9 Bahrs O, Heim S. Fallbezogene Entwicklung von Kriterien für die Beratung im Selbsthilfebereich in einem Interdisziplinären Qualitätszirkel. In: Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (Hrsg). Selbsthilfegruppenjahrbuch 2003. focus, Gießen 2003; 100-112
  • 10 www.gesundheitsfoerdernde-praxen.de

1 Dies wurde später - mit einiger zeitlicher Verzögerung - auch realisiert

Dr. O. Bahrs

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