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DOI: 10.1055/s-2004-833511
Auswirkungen von Schlafentzug auf sakkadische Augenbewegungen
Schlafentzug erzeugt unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene kognitive und motorische Funktionen. Bei der Ausführung von Memory-Sakkaden wird das prozedurale Gedächtnis überwiegend bei Memorisierungszeiten von 1–20s benutzt, während längere Memorisierungszeiten auf deklarative Gedächtnisprozesse zurückgreifen (Ploner et al. 1998). Lassen sich anhand von Memory-Sakkaden Auswirkungen von Schlafentzug auf das prozedurale und das deklarative Gedächtnis nachweisen? Gibt es Auswirkungen auf andere Sakkaden-Typen?
In dieser Studie wurden 15 junge, gesunde Probanden nach einer Adaptationsnacht sowie zwei nachfolgenden Tagen untersucht. Am Abend nach der Adaptationsnacht (Pre) wurden verschiedene Sakkadenaufgaben untersucht sowie ein zweistündiges Memory-Sakkadentraining durchgeführt. Am Morgen danach (Tag1) sowie am Morgen des drauffolgenden Tages (Tag2) wurden die Leistungen in den einzelnen Sakkadenaufgaben überprüft. Die Probanden durften nach der Adaptationsnacht entweder schlafen oder mussten wach bleiben. Die Genauigkeit und die Geschwindigkeit der Sakkaden wurden zwischen den Bedingungen Schlaf und Schlafentzug verglichen. Für Pro-Sakkaden, Anti-Sakkaden und Memory-Sakkaden wurden zusätzlich der Positionsfehler, die Latenz und die Maximalgeschwindigkeit berechnet.
Die Daten zeigen, dass Schlafentzug Auswirkungen auf verschiedene Parameter aufweist. Die Maximalgeschwindigkeit aller Sakkaden-Typen wurde signifikant reduziert. Die Sakkadenlatenz wurde nur im Memory-Sakkaden Task beeinträchtigt. Die Genauigkeit der Sakkaden wurde nur im Pro-Sakkaden Task reduziert. Es gab keine Unterschiede der Ergebnisse am Tag2. Die Memorisierungszeit weist keine systematischen Unterschiede auf.
Der Haupteffekt des Schlafentzugs auf die ausgeführten Sakkaden ist die reduzierte Maximalgeschwindigkeit der Sakkaden. Die Sakkaden-Latenz im Memory-Sakkaden Paradigma zeigt die Auswirkungen von Schlafentzug auf die Daueraufmerksamkeit. Obwohl in dieser Studie die Probanden richtungsselektiv in Willkürsakkaden trainiert wurden, veränderte sich die Genauigkeit der Sakkaden nur bei den reflexiven Pro-Sakkaden. Dieser Effekt entspricht den Auswirkungen von Alkohol auf Pro-Sakkaden. Differenzielle Unterschiede zwischen kürzeren (<20s) und längeren (>20s) Memorisierungzeiten konnten nicht gezeigt werden.
Literatur
Ploner CJ, Gaymard B, Rivaud S, Agid Y, Pierrot-Deseilligny C (1998) Temporal limits of spatial working memory in humans. Eur.J.Neurosci. 10: 794–797