Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P556
DOI: 10.1055/s-2004-833419

Hirnabszess und zyanotischer Herzfehler beim Erwachsenen – zwei Fallberichte

M Hauchwitz 1, H Audebert 1, RL Haberl 1
  • 1(München)

Hintergrund: Kongenitale Herzfehler stellen einen prädisponierenden Faktor für die Entwicklung eines Hirnabszesses dar. Ätiologisch liegt diesem oft eine begleitende Endokarditis zugrunde. Ferner wird bei zyanotischen Herzfehlern eine beeinträchtigte Filterfunktion des pulmonalen Kapillarbetts als begünstigender Faktor angeführt. Betroffen sind hauptsächlich Kinder. Wir berichten von 2 erwachsenen Patienten mit kongenitalen zyanotischen Herzfehlern und intracerebralen Abszessen letztlich ungeklärter Ätiologie.

Fallberichte: A.L. 35 Jahre, kongenitaler Herzfehler:Ventrikelseptumdefekt mit Eisenmenger-Reaktion. Der Patient wird uns wegen einer progredienten, leichtgefallende brachiofazialen Hemiparese links mit Kopfschmerzen mit der Verdachtsdiagnose Schlaganfall dd Sinusvenenthrombose zugewiesen. Vor einigen Tagen sei einmalig ein einfach-fokal-motorischer Anfall aufgetreten. Im cMRT zeigte sich eine links temporo-parietale Raumforderung mit ringförmiger KM-Aufnahme, Einblutung und perifokalem Ödem. Bioptisch wurde ein Laktokokkenabszess gesichert. Unter wiederholter neurochirurgischer Intervention und mehrwöchiger testgerechter Antibiose konnte der Patient mit deutlich rückläufiger Symptomatik in die Rehabilitation entlassen werden.

Patient T.S. 38 Jahre, komplexer angeborener zyanotischer Herzfehler: funktionell singulärer Ventrikel, ASD, TGA, hochgradige subvalvuläre Pulmonalstenose und Z.n. aortopulmonaler Fensterung. Der Patient stellte sich wegen akut einsetzender Kopfschmerzen mit Sehstörungen in unserer Klinik vor. In der cMRT konnte parieto-occipital eine rundliche Struktur mit abszesstypischer Diffusionsstörung und perifokalem Ödem nachgewiesen werden. Unter mehrmaliger neurochirurgischer Intervention (ohne Erregernachweis) und mehrwöchiger Antibiose kam es zu einer Restitutio ad integrum. Die Fokus suche blieb bei beiden Patienten trotz Zahnstatus und z.T. wiederholter TEE ohne Befund.

Schlussfolgerung: Bei Patienten mit kongenitalen Herzfehlern, Kopfschmerzen und fokal-neurologischen Defiziten sollte auch bei akut einsetzender Symptomatik differential-diagnostisch stets an einen Hirnabszess gedacht werden. Eine rasche Diagnose und Therapie ist entscheidend.