Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P510
DOI: 10.1055/s-2004-833371

Selbst-Modulation von Neurosteroiden an rekombinanten GABAA-Rezeptoren

F Wegner 1, C Raßler 1, RL Macdonald 1, K Wohlfarth 1
  • 1(Leipzig; Nashville, USA)

Einleitung: Aufgrund der besonderen Bedeutung des inhibitorischen GABAergen Systems für die Pathogenese von neurologischer Erkrankungen (z.B. Epilepsie), stellt der Liganden-gesteuerte GABAA-Rezeptor ein wichtiges Ziel für therapeutische Interventionen, z.B. Neurosteroide, dar. Die Zusammensetzung des pentameren Rezeptors aus verschiedenen Untereinheiten determiniert die Wirkung von GABA sowie der Agonisten und Modulatoren in der jeweiligen Hirnregion.

Methoden: Als Expressionssystem rekombinanter GABAA-Rezeptoren dienten HEK 293-T-Zellen, die mit cDNA bestimmter Rezeptor-Untereinheiten (alpha1beta3gamma2, (alpha1beta3gamma, alpha6beta3gamma2, alpha6beta3delta) sowie GFP (green fluorescent protein) unter Verwendung der Kalziumphosphat-Methode transfiziert wurden. Die pharmakologische Wirkung des Neurosteroids Alfaxalon wurde durch Ganzzellableitungen mit der Patch-Clamp-Technik elektrophysiologisch charakterisiert.

Ergebnisse: Die positiv modulatorische Wirkung niedriger Alfaxalon-Kozentrationen (30nM) auf die GABA EC30 war an alpha6beta3delta-Rezeptoren am stärksten ausgeprägt (124%), während höhere Konzentrationen (300nM, 3µM, 30µM) die größte Modulation an den Subtypen alpha1beta3gamma2 (163%, 452%, 495%) und alpha1beta3delta (174%, 434%, 493%) zeigten. Interessanterweise wiesen sowohl die positive Modulation als auch der direkte Alfaxalon-Effekt an allen untersuchten GABAA-Rezeptoren ein zeitabhängiges Muster auf. Nach repetetiver Applikation der selben Alfaxalon-Konzentration verstärkte sich die Wirkung an der selben Zelle erheblich, vor allem in den mittleren Konzentrationsbereichen (300nM, 3µM). Rezeptoren mit delta-Untereinheiten zeigten früher als Rezeptoren mit gamma2-Untereinheiten eine Verstärkung dieser positiven Selbst-Modulation.

Konklusion: Dieser bisher nicht beschriebene pharmakologische Effekt der zeitabhängigen Selbst-Modulation von Neurosteroiden könnte auf eine reversible Konformationsänderung der GABAA-Rezeptoren zurückzuführen sein. Obwohl alpha1beta3gamma2- und alpha1beta3delta-Rezeptoren eine ähnliche maximale Modulation aufwiesen, zeigten sie ein unterschiedliches zeitabhängiges Muster. Dies könnte eine Erklärung für die verschiedenen Neurosteroid-Wirkungen an synaptischen GABAA-Rezeptoren mit gamma2- und extrasynaptischen Rezeptoren mit delta-Untereinheiten sein. Das genaue Verständnis um die Wirkungsweise der Neurosteroide dürfte dazu beitragen, ihr großes physiologisches und therapeutisches Potenzial bei Störungen des GABAergen Systems klinisch optimal einzusetzen.