Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P419
DOI: 10.1055/s-2004-833281

Eine vierwöchige Immobilisation der betroffenen Hand führt zu einer Abnahme der kortikalen Negativierung vor Bewegungsbeginn: Eine EEG-Studie an Patienten mit Schreibkrampf

KE Zeuner 1, I Holler 1, F Kopper 1, A Knutzen 1, M Hallett 1, G Deuschl 1, HR Siebner 1
  • 1(Kiel; Bethesda, USA)

Hintergrund: Bei Patienten mit Musiker- und Schreibkrampf wurde eine anhaltende Besserung der dystonen Symptome nach therapeutischer Immobilisation beschrieben (Priori et al. Neurology 2001;57:405–9). Die Wirkweise der therapeutischen Immobilisation ist bislang ungeklärt. Ziel dieser Untersuchung war es, die Auswirkungen einer therapeutischen Immobilisation auf die funktionelle Aktivierung des frontalen motorischen Kortex vor Bewegungsbeginn mithilfe der Elektroenzephalographie (EEG) zu untersuchen.

Methode: Sechs rechtshändige Patienten mit Schreibkrampf nahmen an der EEG-Studie teil. Vor und nach vierwöchiger Immobilisation machten die Patienten während der EEG Ableitung ca. alle zehn Sekunden eine abrupte Abduktionsbewegung des rechten Zeigefingers. Der Bewegungsbeginn wurde von den Patienten selbst gewählt. Jeder Patient führte etwa 180 Abduktionsbewegungen pro Messung durch. Mit einem 32-Kanal EEG System wurde die kortikale elektrische Aktivität kontinuierlich aufgezeichnet (Low-pass Filter: 200Hz; Aufzeichnungsrate: 500 kHz; Synamps, Neurosoft, Inc. Herndon, VA, USA). Das EMG des rechten M. interosseus dorsalis I. wurde mit Oberflächenelektroden durchgeführt. Der Beginn der EMG Aktivität wurde visuell markiert und EEG-Abschnitte von –2 bis +2 Sekunden (in Relation zum Bewegungsbeginn) gebildet.

Ergebnisse: Fünf Patienten zeigten eine Abnahme der kontralateralen Negativierung während der 500 ms vor Bewegungsbeginn (Negative Slope) über der EEG-Elektrode C3 (10–20-System). Der Mittelwert sank von -7,0 mV±4,0 mV auf -5,7 mV±2,3 mV. Auch das Bereitschaftspotential (EEG Aktivität von 1500–500 ms vor Bewegungsbeginn) nahm über C3 von -3,4± 2,7 mV auf -2,1±1,1 mV ab.

Schlussfolgerung: Der Abfall der Amplitude der präparatorischen EEG Aktivität über dem linkshemisphärischen motorischen Kortex in 5 von 6 Patienten entspricht einer reduzierten kortikalen Aktivierbarkeit nach Immobilisation. Dieser Befund ist vereinbar mit der Hypothese, dass die Immobilisation zu einer Untererregbarkeit und Desorganisation funktioneller motorischer Repräsentationen auf kortikaler Ebene führt.