Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P349
DOI: 10.1055/s-2004-833211

Unterschiede zwischen ischämischem Schlaganfall und TIA in klinischer Präsentation und Ätiologie

CH Nolte 1, GJ Jungehülsing 1, K Rossnagel 1, J Müller-Nordhorn 1, I Laumeier 1, SN Willich 1, A Villringer 1
  • 1 für das Kompetenznetz Schlaganfall

Fragestellung: Die transitorisch ischämische Attacke (TIA) ist ein Risikofaktor für den ischämischen Schlaganfall (IS). Beide sind Beispiele einer gefährlichen Durchblutungsstörung des Gehirns. Ob TIAs und ISs eine ätiologische Einheit darstellen wird jedoch diskutiert und war Ziel dieser Analyse.

Methoden: Konsekutiv wurden in vier Berliner Krankenhäusern Patienten mit ihren klinischen Symptomen erfasst, welche in der Rettungsstelle die Diagnose einer akuten zerebralen Durchblutungsstörung erhielten. Die initiale Diagnose wurde anhand von Arztbriefen kontrolliert. Aus dem Arztbrief wurden auch die diagnostischen Untersuchungsergebnisse übernommen, anhand derer eine ätiologische Zuordnung nach den TOAST- Kriterien erfolgte. Vaskuläre Risikofaktoren wurden von den Patienten erfragt.

Ergebnisse: Die klinischen Symptome, Risikofaktoren und Ätiologien von 143 TIA- Patienten (64±14 Jahre) wurden mit 405 Schlaganfall-Patienten (68±13) verglichen. Der Vergleich zeigte signifikante Unterschiede. Patienten mit der Entlassungsdiagnose TIA hatten als klinische Symptome signifikant seltener eine Schwäche oder Sensibilitätsstörung aber häufiger nicht kategorisierte Beschwerden (Abb. 1).

Es bestand kein Unterschied zwischen den Patientengruppen hinsichtlich der Risikofaktoren, arterieller Hypertonus, Diabetes, Hypercholesterinämie, Nikotinabusus, Herzrhythmusstörungen, zurückliegender Schlaganfall, pAVK und zurückliegender Herzinfarkt. Jedoch hatten TIA-Patienten häufiger eine positive Familienanamnese für den Schlaganfall (37% vs. 29%; p=0.08).

Hinsichtlich der Ätiologie nach TOAST-Kriterien wurden aus der TIA-Gruppe ein signifikant kleinerer Anteil den Kategorien „Arteriosklerose großer hirnversorgender Arterien“ und „anderer definierte Ursachen“ (Gerinnungsstörungen, nicht-atherosklerotische Vaskulopathien) zugeordnet. Andererseits war der Anteil aus der TIA-Gruppe an „ungeklärter Ätiologie“ signifikant höher als aus der IS-Gruppe (Abb. 2).

Schlussfolgerungen: Klinik und Ursachen von TIAs und ischämischen Schlaganfällen sind heterogen. In ihrer Heterogenität unterscheiden sich TIAs von IS und beide stellen keine klinische Einheit dar, obwohl sich die Verteilung der Risikofaktoren nicht wesentlich unterscheidet. Eine differenzierte Ursachenforschung ist bei beiden Erkrankungen erforderlich.

Klinisches Symptom

TIA-Patienten (N=143)

IS-Patienten (N=405)

P-Wert

Schwächegefühl

71 (50%)

255 (63%)

p=0,007

Taubheitsgefühl

61 (43%)

215 (63%)

p=0,034

Sehstörung

52 (36%)

106 (28%)

p=0,068

Sprachstörung

64 (45%)

202 (54%)

p=0,068

Schwindel/Übelkeit

70 (49%)

187 (50%)

p=0,950

Gangunsicherheit

87 (61%)

248 (66%)

p=0,319

Kopfschmerzen

40 (28%)

116 (31%)

p=0,553

Nackenschmerzen

25 (18%)

57 (15%)

p=0,504

Andere Beschwerden

45 (32%)

97 (24%)

p=0,021

TOAST

TIA-Patienten (N=143)

IS-Patienten (N=405)

Arteriosklerose großer Arterien

10 (7%)

46 (11%)

Kardioembolie

34 (24%)

100 (25%)

Lakune/kleine Gefäße

14 (10%)

33 (8%)

Andere definierte Ursache

3 (2%)

18 (4%)

Ungeklärt

82 (57%)

180 (44%)

Gruppenvergleich: P=0,037