Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P309
DOI: 10.1055/s-2004-833171

Frühsommermeningoencephalitis – Stellenwert der Kernspintomographie

G Rieder 1, M Prantl 1, M Viermetz 1, T Freudenberger 1
  • 1(Traunstein)

Einleitung: Die Frühsommermeningoencephalitis (FSME) ist in Südost-Bayern (Landkreise Traunstein, Altötting, Reichenhall) endemisch. FSME-Impfungen sind verbreitet, aber oft nicht up-to-date. Bis zum Erregernachweis ist bei nicht-purulenter Meningoencephalitis (ME) eine kalkulierte Therapie mit Ceftriaxon, Ampicillin und Aciclovir üblich. Da der FSME-Verlauf therapeutisch nicht beeinflussbar ist, und der Rücklauf der Laborergebnisse oft mehrere Tage dauert, wären typische Befunde in der sofort verfügbaren MRT für Therapieentscheidungen hilfreich.

Fragestellung: Zum Stellenwert der MRT bei FSME gibt es nur wenige, vorwiegend kasuistische Publikationen. Wir berichten über 7 Patienten (Pat) mit pathognomonischen MRT- Veränderungen bei FSME.

Methode: 24 konsekutive Pat, Alter 3 bis 84 Jahre, wurden 1998 bis 2003 mit positivem FSME- IgM Nachweis in Serum oder Liquor und einer akuten nicht-purulenten Meningitis oder ME im Klinikum Traunstein behandelt. Die Erregersuche umfasste neben FSME: Borrelia burgdorferi (Serologie), Listeriose (Kultur, PCR), Meningo- und Pneumokokken (Antigentest, Kultur), Herpes simplex Virus (PCR). In 17 Pat (71%) wurde 0 bis 8 Tage nach Aufnahme ein MRT (Philipps Gyroscan 0,5T, ab 2/02 1,5T) durchgeführt.

Ergebnisse: In 7 Pat (41%) ergab sich intracerebral in den T2- und. FLAIR- Sequenzen ein pathologischer Befund. Die häufigsten Lokalisationen waren im Thalamus (71%), Mittelhirn (57%) und Kleinhirn (29%). Eine ME lag bei 13 Pat, in denen ein MRT durchgeführt wurde, vor (76%), bzw. bei 5 Pat mit pathologischem MRT (71%). Pat mit pathologischem MRT hatten ungünstigere Verläufe, neben einem Todesfall wurden nur 3 Pat beschwerdefrei (43%), dagegen 8 von 10 Pat (80%) mit negativem MRT.

In 1 Fall mit unklarem Koma und Tetraplegie wurde erst aufgrund des MRT-Befundes mit Läsionen in Thalamus und Mittelhirn trotz geringer Liquorpleozytose die Serologie veranlaßt und die FSME serologisch und autoptisch bestätigt.

In 1 Fall mit inadäquater Immunisierung und aktiver Impfung nach Zeckenstich, sprachen die typischen Läsionen im Mittelhirn (neben dem später positiven spezifischem Antikörperindex) für eine Wildvirusinfektion.

Schlussfolgerungen: Die MRT zeigt bei vielen (41%) FSME-Pat einen pathognomonischen Befund mit Läsionen in Thalamus und Mittelhirn, und erlaubt dadurch eine Abgrenzung von der Herpes simplex- Encephalitis. Schwere Verläufe und Residuen sind bei pathologischem MRT häufiger.