Aktuelle Neurologie 2004; 31 - V67
DOI: 10.1055/s-2004-832979

Leichte kognitive Störung: Hohe Rate der Konversion zu Demenz bei Patienten einer Memory-Clinic

K Schmidtke 1, S Hermeneit 1
  • 1(Freiburg)

Fragestellung: Die Leichte Kognitive Störung (Mild Cognitive Impairment, MCI) ist ein erworbener Zustand reduzierter Gedächtnisleistung, aber noch erhaltener Alltagskompetenz bei älteren Patienten. In der Literatur sind Konversionsraten hin zu einer Demenzerkrankung von ca. 15% pro Jahr beschrieben. Wir überprüften die Konversionsrate bei einer Gruppe von MCI-Patienten, bei welchen zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung keine Hinweise für eine symptomatische (nicht-degenerative) Erkrankungsursache feststellbar waren.

Methoden: 111 Patienten mit „Leichter Kognitiver Störung“ wurden in eine Katamnesestudie eingeschlossen. Kriterien waren die subjektive und fremdanamnestische Angabe einer neu aufgetretenen Gedächtnisstörung bei Personen >50 Jahren, eine testpsychologische Bestätigung und eine höchstens geringgradige Beeinträchtigung der Alltagskompetenz. Es wurden nur Patienten eingeschlossen, bei denen keine relevanten psychiatrischen, vaskulären oder sonstigen organischen Ursachen erkennbar waren. Alle Patienten werden nach einem bis drei Jahren nachuntersucht.

Ergebnisse: Der Verlauf wurde bis dato bei 74 Patienten evaluiert, davon 61 mal durch eigene Nachuntersuchung und 13 mal durch schriftliche und telefonische Befunderhebung (mittlere Latenz: 18 Monate). Von diesen 75 Personen erhielten 34 weiterhin die Diagnose MCI, 30 waren zu einer Alzheimerschen Erkrankung konvertiert, zwei zu einer Lewy-Körperchen-Erkrankung. Weitere Diagnosen waren: neu entdeckte Epilepsie (n=2), Depression (n=4), Substanzmissbrauch, Rückgang der Gedächtnisstörung (je 1).

Schlussfolgerung: Trotz kurzem Nachbeobachtungszeitraum fand sich eine hohe Rate der Konversion hin zu einer Demenzerkrankung (43%), ganz überwiegend zu M. Alzheimer. Nur in einzelnen Fällen ergaben sich bislang unerkannte „symptomatische“ Ursachen oder ein Rückgang der kognitiven Störung. Diese Befunde an einem genau definierten Patientengut zeigen, dass die MCI, trotz zunächst bestehender ätiologischer Unsicherheit, einen gravierenden Risikofaktor für eine kurzfristige Konversion hin zu einer Alzheimerschen Erkrankung darstellt.