Aktuelle Neurologie 2004; 31 - M53
DOI: 10.1055/s-2004-832970

Immunkompetenz nach akuter zerebraler und kardialer Ischämie – eine longitudinale Verlaufsuntersuchung

KG Häusler 1, W Schmidt 1, F Föhring 1, T Helms 1, GJ Jungehülsing 1, CH Nolte 1, C Günther 1, B Müller 1, C Höflich 1, C Melzer 1, HD Volk 1, A Villringer 1
  • 1(Berlin)

Hintergrund: Die Inzidenz komplizierender Infektionen ist nach akuter zerebraler Ischämie wesentlich höher als nach einem Herzinfarkt. Die dieser Infektanfälligkeit zugrundeliegende Immundepression ist bisher jedoch nur in Umrissen charakterisiert.

Fragestellung: Welchen spezifischen Veränderungen unterliegt die zelluläre Immunkompetenz nach akuter zerebraler Ischämie? Welche Analogien und Unterschiede bestehen zur kardialen Ischämie?

Studiendesign: In die prospektiv angelegte klinische Studie wurden 40 Schlaganfallpatienten und 20 Herzinfarktpatienten eingeschlossen. Innerhalb von 24 Stunden, sowie 72 Stunden und 7 Tage nach Infarktbeginn wurde eine klinische Untersuchung, eine Blutabnahme und bei Schlaganfallpatienten ein kranielles MRT durchgeführt.

Methodik: Die Immunanalytik erfolgte mittels standardisierter und akkreditierter Teste. Die Quantifizierung der Lymphozytenpopulationen erfolgte durchflusszytometrisch. Die T-Zellfunktionalität wurde durch die Messung der Th1/Th2 Zytokinsekretion (CBA) nach ex vivo Stimulation des Blutes mit Concanavalin A charakterisiert. Die monozytäre Immunkompetenz wurde ex vivo durch die HLA-DR-Expression (Quantibrite HLA-DR) und die durch bakterielles Endotoxin induzierte Freisetzung von TNF-alpha erfasst. Mittels nicht parametrischer Varianzanalyse wurden diese Werte mit der Infektionsrate, den klinischen Scores, den Infarktvolumina und der Infarktlokalisation korreliert.

Ergebnisse: Die Datenerhebung wird im April 2004 abgeschlossen. Die Zwischenanalyse mit 50 Patienten belegt, dass die nosokomiale Infektionsrate nach einem Schlaganfall (17%) höher ist als nach einem Herzinfarkt (7%). Nach einem Schlaganfall korrelierte das Auftreten von Infektionen mit dem Infarktvolumen (T2 nach 72 Stunden: 69±23 cm3 mit bzw. 15±10 cm3 ohne Infektion) und dem neurologischen Defizit (NIHSS) bei Studieneinschluss (10,3 Punkte mit bzw. 5,3 Punkte ohne Infektion). Eine Suppression der monozytären Immunkompetenz (HLA-DR-Expression) ging allen Infektionen voraus. Die longitudinale Erfassung der monozytären HLA-DR-Expression zeigte zudem deutliche Unterschiede zwischen Schlaganfall- und Herzinfarktpatienten. Die Daten zur lymphozytären Immunkompetenz werden ebenfalls präsentiert.

Schlussfolgerung: Die vergleichende Untersuchung der Immunkompetenz nach akuter zerebraler und kardialer Ischämie weist spezifische Unterschiede auf, die die höhere Inzidenz komplizierender Infektionen nach einem Schlaganfall bedingen könnte.