RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2004-832013
Der anteriore cinguläre Kortex unterscheidet selbst- von fremdzugeführter Schmerzreizung: eine parametrische fMRT-Studie
Fragestellung: Unterscheidet der anteriore cinguläre Kortex (ACC) zwischen selbst und fremd zugeführten thermisch-noxischen Reizen? Methodik: Es wurden 9 männliche Probanden mit funktioneller MRT (1.5 T Siemens Quantum) mit ein- und denselben thermischen Reizen in 2 Versuchskonditionen verglichen: selbst vs. extern zugeführte Reize. Die Reize (42.5°, 45.5°, 48.5°C) wurden über eine Thermode (Medoc, TSAII) auf der rechten Hand des Probanden pseudorandomisiert appliziert und auf einer 4-Punkte Skala psychophysisch bewertet (ansteigende Reizintensität: P1-P4, P4=Maximum). Die fMRT-Daten (64×64er Matrix, 32 Schichten, 4×4x4 Iso-Voxel, TR=3500 ms, TE=63 ms) wurden bewegungskorrigiert, normalisiert und mit einem 8mm Gauss-Filter geglättet (SPM2). Aus der psychophysischen Auswertung der Einzelprobanden wurden die Kontraste als Regressoren in einer ANOVA ausgewertet. Ergebnisse: Wir fanden drei Areale mit unterschiedlichen Reiz-Antwortfunktionen (Kennlinien) im ACC (p<0.05, FDR): (i) Im posterioren ACC zeigt sich eine linear ansteigende Kennlinie von P1-P4 bei externer, nicht aber bei selbst-zugeführter Stimulation. (ii) Im mittleren ACC unterscheiden sich die Reiz-Antwortfunktionen nicht. Dort zeigen beide Reizmodalitäten einen linearen Anstieg von P1-P4. (iii) Im perigenualen ACC zeigt sich bei externer Stimulation eine linear abfallende, reizintensitätsabhängige Kennlinie von P1 bis P4, während sich bei selbst-zugeführter Reizung ein linearer Anstieg zeigt. Schlussfolgerung: Die Aktivierungen im posterioren (i) ACC stehen im Einklang mit der Stimulusintensitäts-kodierenden Funktion, die im mittleren (ii) ACC mit einer Schmerzintensitäts-kodierenden Funktion. Die mit zunehmender Schmerzempfindung abnehmende perigenuale ACC-Aktivierung bei externer Reizung (iii) könnte das Ausmaß an Ungewißheit, d.h. die Diskrepanz zwischen der erwarteten und der tatsächlichen Schmerzintensität widerspiegeln. Im Gegensatz dazu erfolgte der Reiz bei der selbst zugeführten Reizung ohne Latenz, d.h. mit einem viel geringeren Maß an Ungewißheit. Die hohe Aktivierung beim schmerzhaftesten, selbst zugeführten Reiz könnte den Beginn antinozizeptiver Mechanismen anzeigen. Der ACC scheint an der Prädiktion der sensorischen Konsequenz Schmerzbezogener Reizinformation beteiligt zu sein, in dem er die Diskrepanz (Ungewißheit) zwischen prädizierten und empfundenen Schmerzintensitäten kodiert.