Fragestellung: Unterscheidet der anteriore cinguläre Kortex (ACC) zwischen selbst und fremd zugeführten
thermisch-noxischen Reizen? Methodik: Es wurden 9 männliche Probanden mit funktioneller MRT (1.5 T Siemens Quantum) mit
ein- und denselben thermischen Reizen in 2 Versuchskonditionen verglichen: selbst
vs. extern zugeführte Reize. Die Reize (42.5°, 45.5°, 48.5°C) wurden über eine Thermode
(Medoc, TSAII) auf der rechten Hand des Probanden pseudorandomisiert appliziert und
auf einer 4-Punkte Skala psychophysisch bewertet (ansteigende Reizintensität: P1-P4,
P4=Maximum). Die fMRT-Daten (64×64er Matrix, 32 Schichten, 4×4x4 Iso-Voxel, TR=3500
ms, TE=63 ms) wurden bewegungskorrigiert, normalisiert und mit einem 8mm Gauss-Filter
geglättet (SPM2). Aus der psychophysischen Auswertung der Einzelprobanden wurden die
Kontraste als Regressoren in einer ANOVA ausgewertet. Ergebnisse: Wir fanden drei Areale mit unterschiedlichen Reiz-Antwortfunktionen (Kennlinien)
im ACC (p<0.05, FDR): (i) Im posterioren ACC zeigt sich eine linear ansteigende Kennlinie
von P1-P4 bei externer, nicht aber bei selbst-zugeführter Stimulation. (ii) Im mittleren
ACC unterscheiden sich die Reiz-Antwortfunktionen nicht. Dort zeigen beide Reizmodalitäten
einen linearen Anstieg von P1-P4. (iii) Im perigenualen ACC zeigt sich bei externer
Stimulation eine linear abfallende, reizintensitätsabhängige Kennlinie von P1 bis
P4, während sich bei selbst-zugeführter Reizung ein linearer Anstieg zeigt. Schlussfolgerung: Die Aktivierungen im posterioren (i) ACC stehen im Einklang mit der Stimulusintensitäts-kodierenden
Funktion, die im mittleren (ii) ACC mit einer Schmerzintensitäts-kodierenden Funktion.
Die mit zunehmender Schmerzempfindung abnehmende perigenuale ACC-Aktivierung bei externer
Reizung (iii) könnte das Ausmaß an Ungewißheit, d.h. die Diskrepanz zwischen der erwarteten
und der tatsächlichen Schmerzintensität widerspiegeln. Im Gegensatz dazu erfolgte
der Reiz bei der selbst zugeführten Reizung ohne Latenz, d.h. mit einem viel geringeren
Maß an Ungewißheit. Die hohe Aktivierung beim schmerzhaftesten, selbst zugeführten
Reiz könnte den Beginn antinozizeptiver Mechanismen anzeigen. Der ACC scheint an der
Prädiktion der sensorischen Konsequenz Schmerzbezogener Reizinformation beteiligt
zu sein, in dem er die Diskrepanz (Ungewißheit) zwischen prädizierten und empfundenen
Schmerzintensitäten kodiert.