Aktuelle Ernährungsmedizin 2003; 28 - 87
DOI: 10.1055/s-2003-816380

Gewichtsverlauf nach stationärer Rehabilitation und nach ambulanter Schulung

T Reinehr 1, R Stachow 2
  • 1Vestische Kinderklinik Datteln, Universität Witten Herdecke, Deutschland
  • 2Fachklinik Sylt, Deutschland

Die Evaluation von Gewichtsmanagementprogrammen im Kindes- und Jugendalter stellt die Ausnahme dar, so dass bis heute nicht geklärt ist, wer von ambulanten oder stationären Therapiemaßnahmen profitiert. Wir analysieren daher den Gewichtsverlauf aller 109 Teilnehmer der einjährigen ambulanten Adipositasschulung Obeldicks aus den Jahren 1999–2001 und aller 142 übergewichtigen oder adipösen Teilnehmer einer 4 bis 6 wöchigen stationärer Rehabilitation in der Fachklinik Sylt von 1998. Die Teilnehmer der ambulanten Schulung waren signifikant jünger (p<0,001) und mehr übergewichtig (p<0,001) als in der Rehamaßnahme (Alter im Median 11,0 versus 13,0 Jahre, SDS-BMI im Median +2,5 versus +2,11). Die Erfolgsquote (Definition Abnahme SDS-BMI) am Ende der Behandlung war im stationären Setting signifikant (p=0,005) besser als in der ambulanten Schulung (92% versus 74% Erfolg nach intention to treat Analyse). Die mediane Reduktion des Übergewichts am Ende der Behandlung war in der ambulanten Schulung größer (p<0,001) als im stationären Setting (Veränderung SDS-BMI im Median -0,37 versus -0,19). Für das follow up 2 Jahre nach Behandlungsbeginn (ambulant: 1 Jahr nach Schulungsende, stationär 1,9 Jahre nach Rehaende) standen Daten von 84 ambulanten und von 83 Reha- Patienten zur Verfügung. In Bezug auf diese Rücklaufquote waren 76% der ambulanten und 45% der Rehapatienten erfolgreich. In der intention to treat Analyse entsprach dies 59% versus 26% (p<0,001). Das Ausmaß der Gewichtsreduktion entsprach sich in beiden Kollektiven (p=0,49) bei den erfolgreichen Kindern (SDS-BMI im Median -0,43 bzw -0,50). Das Ausmaß der Gewichtsreduktion korrelierte in der ambulanten Schulung negativ mit dem Alter (r=-0,23, p=0,017) nicht aber im stationären Setting (r=-0,03, p=0,390). Das Ausmaß des Übergewichts und das Geschlecht korrelierte in beiden Kollektiven nicht mit der Gewichtsreduktion.

Schlussfolgerung: Sowohl mit einer ambulanten als auch mit einer stationären Behandlung können bei einem Teil der adipösen Kindern zumindest mittelfristige Erfolge erzielt werden. V.a. jüngere Kinder profitieren von einer ambulanten Schulung. Sehr unterschiedliche Zuweisungsmodi, eine wahrscheinlich sehr differente Motivation der Patienten und deren Familien erschweren den Vergleich zwischen ambulanten und stationären Setting. Um die Effektivität von Therapiemaßnahmen zu erhöhen ist über eine Verbesserung der Behandlungsmaßnahmen (z.B. intensivere Einbindung der Eltern) und über eine Motivationsprüfung nachzudenken.