Aktuelle Ernährungsmedizin 2003; 28 - 44
DOI: 10.1055/s-2003-816337

Konditionelle und koordinative Leistungsfähigkeit extrem adipöser Jugendlicher in der stationären Langzeitrehabilitation

R Jaeschke 1, W Siegfried 2, K Becker 2, A Siegfried 2, E Nagl 2, D Angerer 2, M Wabitsch 3
  • 1Institut für Rehabilitation und Behindertensport der Deutschen Sporthochschule, Köln, Deutschland
  • 2Adipositas-Rehazentrum Insula, Strub/Berchtesgaden, Deutschland
  • 3Pädiatrische Universitätsklinik, Ulm, Deutschland

Zielsetzung: Der Gesamterfolg der Therapie der juvenilen Adipositas zeichnet sich neben den Effekten bezüglich des BMI durch eine Vielzahl weiterer Effekte aus. Die Steigerung der koordinativen/konditionellen Leistungsfähigkeit stellt einen Prädiktor für die langfristige Gewichtsstabilisierung dar. Mit dem „Münchner Fitnesstest“ (MFT), einer einfachen Testbatterie zur Überprüfung der koordinativen/konditionellen Leistungsfähigkeit, könnte ein aussagekräftiges Instrument zur Erfolgskontrolle definiert werden. Zielsetzung ist die Überprüfung der Einsetzbarkeit des MFT zur Abbildung der Erfolge der Langzeittherapie extrem adipöser Jugendlicher und die Bestimmung des Zusammenhangs zwischen den konditionellen/koordinativen Fähigkeiten und dem Adipositas-Schweregrad einerseits sowie der maximalen Sauerstoffaufnahme andererseits.

Methode: 56 Patienten (w35/m21; Alter 16,4±2,5; BMI zum Untersuchungszeitpunkt 36,5±7,1) des stationären Insula-Langzeit-Therapiekonzeptes (Sporttherapie, Ernährungstherapie, Psychotherapie, erlebnispädagogische Maßnahmen). Überprüfung der konditionellen/koordinativen Fähigkeiten mit dem MFT bei differenzierter Betrachtung der Teilergebnisse. Überprüfung der Zusammenhänge durch Rang-Korrelationstest (Spearman) und stichprobenunabhängiger Vergleiche durch U-Test (Mann-Whitney).

Ergebnisse: Die MFT-Mittelwerte des Kollektivs liegen deutlich unter den alters- und geschlechtsspezifischen Normwerten (p<0,001). Zusammenhänge bestehen zwischen BMI und den MFT-Mittelwerten (-0,24), sowie in den Einzeltests zwischen BMI und „Zielwerfen“ (-0,26) bzw. „Halten-im-Hang“ (-0,34). Beim „Halten-im-Hang“ schafften 42 Probanden keine 3 Sekunden. Eine Korrelation zur maximalen Sauerstoffaufnahme bei Therapiebeginn besteht nicht.

Zusammenfassung: Der MFT ist mit wenig Aufwand auch bei extremer Adipositas in der stationären Rehabilitation mit Einschränkungen durchführbar. Die Testübung „Halten-im-Hang“ scheint für adipöse Jugendliche ungeeignet. Das Kollektiv zeigte wesentlich geringere koordinative/konditionelle Fähigkeiten als normalgewichtige Gleichaltrige (Normwerte) und einen mäßigen Zusammenhang zwischen dem BMI und der Leistungsfähigkeit. Verlaufstests nach 3-monatiger Therapie werden derzeit durchgeführt und zusätzlich vorgestellt.