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DOI: 10.1055/s-2001-19463
Karl F. Haug Verlag in MVH Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co. KG
Chronische Rhinosinusitis und sinubronchiales Syndrom: eine pilzgetriggerte systemische Erkrankung?
Sind Pilze die Auslöser?Chronic Rhinosinusitis and Sinubronchial Syndrome: A Fungus-Triggered System Illness?Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
09. Januar 2002 (online)

Seit der Publikation von Ponikau (Ponikau, J. et al.: The Diagnosis and Incidence of Allergic Fungal Sinusitis. Mayo Clin. Proc. 74 [1999] 877-884) wird das Krankheitsbild der chronischen Rhinosinusitis (CRS) mit oder ohne Polyposis nasi unter einem neuen Gesichtspunkt betrachtet. Mit der Einführung neuer Untersuchungstechniken des Nasenschleimes, welchem bis dahin kaum Bedeutung zukam, fanden sich plötzlich vermehrt Hinweise dafür, dass die bei der chronischen Rhinosinusitis auftretende Schädigung des respiratorischen Epithels durch einen Prozess im Nasenschleim erfolgt.
Ponikau und Mitarbeiter konnten bei 96 % der an CRS leidenden Patienten Pilze mittels einer neu entwickelten Kultivierungstechnik im Nasensekret nachweisen. Ebenso konnten die Kollegen von der Mayo Clinic Rochester histologisch im Schleim der operierten Patienten in 96 % eine Anhäufung eosinophiler Granulozyten, in Form von Zellhaufen (sog. Cluster), und in 81 % Pilzelemente nachweisen.
Eine allergische Reaktion auf die nachgewiesenen Pilze ist nach den Untersuchungen o.g. Arbeitsgruppe nicht nachzuvollziehen.
Da sich diese Ergebnisse bei fast allen Patienten mit CRS fanden, wurde vorgeschlagen, diese Erkrankung auch als „Eosinophile Pilzsinusitis” bzw. „Eosinophilic Fungal Rhinosinusitis (EFRS)” zu bezeichnen. Auch in unseren Untersuchungen zeigten sich eine positive Pilzkultur in 92 %, eosinophile Cluster im Nasenschleim in 95 %, sowie Pilzelemente histologisch in 76 % im Nasenschleim der an CRS leidenden Patienten ([Abb. 1]-[4]).
Abb. 1: Chronische Rhinosinusitis: Massive Eosinophilie im Gewebe (Hämatoxylin-Eosin-Färbung)
Abb. 2: Eosinophile Granulozyten durchwandern die respiratorische Schleimhaut (Pfeile), um in den Nasenschleim zu gelangen (Hämatoxylin-Eosin-Färbung)
Abb. 3: Cluster eosinophiler Granulozyten im Nasensekret (Hämatoxylin-Eosin-Färbung)
Abb. 4: Im Cluster eosinophiler Granulozyten aus Abb. 3 finden sich in der Pilzfärbung Pilzelemente, die von den Eosinophilen umgeben und zerstört werden. (Kombination: HE und Grocott-Färbung)
Sowohl die Arbeitsgruppe der Mayo Clinic als auch wir konnten aber auch bei gesunden Probanden in 100 % bzw. 92 % Pilze mittels Nasensekretkultur nachweisen. Die Schlussfolgerung aus diesen Ergebnissen bedeutet, dass nahezu jeder Mensch Pilze in der Nase hat. Der Unterschied zum Erkrankten zeigt sich jedoch im Auftreten massiver eosinophiler Ansammlungen im Schleim, welche bei den gesunden Probanden nicht nachgewiesen werden konnten.
Die Terminologie EFRS beschreibt also das gemeinsame Auftreten von Eosinophilen und Pilzelementen bei Patienten mit CRS. Nicht die Pilze, die ja bei nahezu jedem nachweisbar sind, sondern die Reaktion der Eosinophilen auf die eingeatmeten Pilzelemente scheint dabei eine Hauptrolle zu spielen. Mittels spezieller Färbetechniken konnte licht- und elektronenmikroskopisch nachgewiesen werden, dass die Eosinophilen nach Verlassen des Gefäßsystems durch die Mukosa in den Nasenschleim wandern, die darin befindlichen Pilzelemente umgeben und am Pilz ihre Granulaproteine freisetzen, die den Pilz zerstören. Insbesondere konnte durch Immunfluoreszenztechnik mit einem Antikörper gegen Major Basic Proteine (MBP) die Freisetzung dieses toxischen Proteins im Nasenschleim gezeigt werden. Die höchsten MBP-Konzentrationen zeigten sich hierbei in der Umgebung der Pilzelemente. Als unerwünschter Nebeneffekt schädigt aber diese hohe MBP-Konzentration im Nasenschleim auch das respiratorische Epithel von außen. In vorangegangenen Arbeiten konnte diese MBP-Wirkung auf die respiratorische Schleimhaut nachgewiesen werden.
In einer weiteren Studie konnten Ponikau und Mitarbeiter bei Patienten mit CRS eine Sensibilisierung der T-Lymphozyten durch spezielle Pilzantigene (insbesondere Alternaria und Candida) nachweisen, welche bei gesunden Kontrollpersonen fehlte. Diese Lymphozyten produzierten vermehrt die für die Migration und Aktivierung der eosinophilen Entzündungszellen wichtigen Cytokine, wie Interleukin-5 und Interleukin-13. Da diese Sensibilisierung bereits im peripheren Blut nachgewiesen werden konnte, schließen die Kollegen der Mayo Clinic daraus, dass das Immunsystem systemisch auf bestimmte Pilzantigene sensibilisiert wird und mit einer eosinophilen Entzündungsreaktion dort reagiert, wo es diese Antigene wahrnimmt, nämlich im Nasensekret.
Nachdem diese Pilzantigene nun täglich eingeatmet werden, würde dies bedeuten, dass die bei den Patienten sensibilisierten T-Lymphozyten ununterbrochen Cytokine produzieren würden und dies zu einer chronisch eosinophilen Entzündungsreaktion und damit zu einer chronischen Schädigung der respiratorischen Schleimhaut führen würde.
Anschrift für die Verfasser:
Ass. Prof. Dr. Hannes Braun
HNO-Universitätsklinik
Auenbruggerplatz 26-28
A-8036 Graz
eMail: hannes.braun@kfunigraz.ac.at