Zentralblatt für Kinderchirurgie 2000; 9(4): 133-137
DOI: 10.1055/s-2000-10180
Leitartikel

J.A.Barth Verlag in Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co.KG

„Lebensborn”-Kinder: Verheimlicht, verleugnet, vergessen

G. Lilienthal
  • Koblenz
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Der „Lebensborn” e. V. war weder eine karitative Einrichtung, auch wenn dies ein US-Militärgericht nach dem Krieg behauptete und ihn von jeder Mitschuld an NS-Verbrechen freisprach, noch war er eine Züchtungsanstalt, in der ausgewählte Männer und Frauen Kinder zeugten. Dennoch diente er auf spezifische Weise der nationalsozialistischen Bevölkerungs- und Rassenpolitik. 1935 wurde er auf Anregung des Reichsführers-SS Heinrich Himmler gegründet, der sich bis Kriegsende um den Verein persönlich kümmerte. Nach der Satzung gehörte zu den Aufgaben des „Lebensborn”:

„Rassisch und erbbiologisch wertvolle werdende Mütter unterzubringen und zu betreuen, bei denen nach sorgfältiger Prüfung der eigenen Familie und der Familie des Erzeugers durch das Rasse- und Siedlungshauptamt-SS anzunehmen ist, daß gleich wertvolle Kinder zur Welt kommen; für diese Kinder zu sorgen; für die Mütter der Kinder zu sorgen.”

Der verantwortliche Arzt des „Lebensborn” und Leiter des ältesten und als Musterheim fungierenden Heimes „Hochland” in Steinhöring, SS-Oberführer Dr. med. Gregor Ebner, stellte drüber hinaus in einer Werbeschrift für den Verein 1938 fest: Aus dem „Lebensborn” werde eine auserlesene Jugend hervorgehen, „wertvoll an Geist und Körper, der Adel der Zukunft”. Der „Lebensborn”, fuhr er fort, schütze die ledige Mutter und ihr Kind vor den Angriffen der Gesellschaft „einzig und allein aus dem Gedanken heraus, daß wir Deutsche es uns nicht leisten können, auch nur auf einen einzigen Tropfen guten Blutes zu verzichten”.

Literatur

  • 1 Clay C, Leapman M. Master Race. The Lebensborn Experiment in Nazi Germany. London 1995
  • 2 Hillel M, Henry C. Lebensborn e. V. Im Namen der Rasse. Wien, Hamburg 1975
  • 3 Hrabar R. „Lebensborn”. Czyli zródlo zycia. Katowice 1975
  • 4 Kjendsli V. Kinder der Schande. Berlin 1988
  • 5 Lilienthal G. Der „Lebensborn e. V.”. Ein Instrument nationalsozialistischer Rassenpolitik. 2. Auflage. Frankfurt a. M. 1993
  • 6 Olsen K. Krigens barn. De norske krigsbarna og deres mødre. Oslo 1998
  • 7 Schmitz-Köster D. „Deutsche Mutter, bist Du bereit . . .”. Alltag im Lebensborn. Aufbau Verlag, Berlin 1997

Korrespondenzadresse:Priv.-Doz. Dr. phil. et med. habil. Georg Lilienthal

Klosterstraße 4

D-56073 Koblenz

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