Aktuelle Ernährungsmedizin 2017; 42(03): 241-272
DOI: 10.1055/s-0037-1603248
Poster
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

ERNÄHRUNGSMEDIZINISCHE MAßNAHMEN BEI CHIRURGISCHEN INTENSIVPATIENTEN – EINE AKTUELLE EVALUATION

C Sieker
1   praxisHochschule, Rheine
,
H Borchardt
2   Medizinische Universität, Halle (Saale), Germany
,
B Blumenschein
1   praxisHochschule, Rheine
,
M Smollich
1   praxisHochschule, Rheine
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
20 June 2017 (online)

 

Introduction:

In der ernährungsmedizinischen Realität auf Intensivstationen bestehen große Diskrepanzen zwischen den Leitlinienempfehlungen und der praktischen Umsetzung; diese Diskrepanzen manifestieren sich u.a. in einer mangelnden Energiebereitstellung.

Objectives:

Ziel der Arbeit war die Evaluation ernährungsmedizinischer Maßnahmen auf einer chirurgischen Intensivstation und der Vergleich mit den Empfehlungen der geltenden Leitlinien. Ein Bezug zum aktuellen empirischen Hintergrund wurde hergestellt.

Methods:

Ernährungsmedizinisch relevante Daten von chirurgischen Patienten, die 2014 auf der Intensivstation eines Krankenhauses im Münsterland behandelt wurden, wurden erfasst und systematisch ausgewertet. Einschlusskriterien waren u.a. die Notwendigkeit einer künstlichen Ernährung und die Behandlungsdauer von mind. 24 Stunden auf der Intensivstation. Um die erhobenen Ergebnisse mit dem aktuellen Forschungsstand zu vergleichen, wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken Google Scholar und PubMed durchgeführt.

Results:

Insgesamt konnten die Daten von 28 chirurgischen Intensivpatienten ausgewertet werden. Bei weiteren acht Patienten lag keine dokumentierte Ernährungstherapie vor. Dabei konnte eine inadäquate Befolgung der geltenden Leitlinienempfehlungen beobachtet werden. Die ESPEN empfiehlt die Energiebereitstellung von 25 kcal/kg Körpergewicht am Tag, die keiner der untersuchten Patienten erhielt. Im Durchschnitt wurden lediglich 41% des Energiebedarfs gedeckt. Eine enterale Ernährung, die laut ESPEN innerhalb von 24h nach der Aufnahme auf die Intensivstation gestartet werden soll, wurde bei zwei von drei Patienten später begonnen. Des Weiteren erhielten neun der 14 vollständig parenteral ernährten Patienten während des gesamten Intensivaufenthaltes ausschließlich Nährstofflösungen ohne Fett, was nicht den Leitlinienempfehlungen der ESPEN entspricht.

Conclusion:

Die Ernährungstherapie auf Intensivstationen bedarf einer weiteren Entwicklung. Es bestehen große Lücken zwischen den Leitlinienempfehlungen und der Umsetzung in der Praxis. Um eine adäquate Umsetzung ernährungsmedizinischer Maßnahmen bei Intensivpatienten zu gewährleisten, müssen diese Lücken ermittelt und behoben werden. Hierzu bedarf es weiterer ernährungsmedizinisch ausgebildeter Fachkräfte sowie begleitender, spezifischer Forschung.

Disclosure of Interest:

None declared.