Aktuelle Ernährungsmedizin 2016; 41 - P07
DOI: 10.1055/s-0036-1583883

Vergleich der Erfassung des Nutritional Risk Scores zwischen Ärzten und Ernährungstherapeutinnen

A Joos 1, C Kaufmann 1, S Roth-Schuler 2, PE Ballmer 3, R Imoberdorf 3, M Rühlin 1
  • 1Kantonsspital Winterthur, Ernährungstherapie/-beratung, Winterthur, Schweiz
  • 2Kantonsspital Winterthur, Medizincontrolling und Codierung, Winterthur, Schweiz
  • 3Kantonsspital Winterthur, Department Medizin, Winterthur, Schweiz

Einleitung: 20 – 50% aller Spitalpatienten weisen ein Risiko respektive eine manifeste Energie- und Eiweissmangelernährung (ME) auf. In der Schweiz dient das Nutritional Risk Screening (NRS 2002) als Grundlage zur Erkennung sowie zur einheitlichen Klassifizierung und Kodierung der ME im SwissDRG-System. Im Departement Medizin (DM) am Kantonsspital Winterthur wird der Nutritional Risk Score (NRS) seit 2012 systematisch durch die Assistenzärzte (AA) im Rahmen der Kurzanamnese elektronisch erfasst und bei einem Risiko für ME (NRS≥3) sollte eine Anmeldung für ein Ernährungsassessment durch die Ernährungstherapeutin (ERB) erfolgen. Diese überprüft den NRS und lässt ihn gegebenenfalls anpassen.

Fragestellung: Untersucht wird die prozentuale Diskrepanz der Erfassung des NRS durch die AA, welche den NRS mittels Screening erheben, verglichen mit der Erfassung durch die ERB, welche den NRS nach erfolgtem Ernährungsassessment erfassen. Zudem wird erhoben wie viele Risikopatienten (NRS≥3) der ERB angemeldet wurden.

Methodik: Für die Vergleichsstudie wurden folgende Kriterien untersucht und miteinander verglichen: Anzahl Eintritte im DM im März 2015 (4 Wochen), Anzahl Anmeldungen zur ERB, NRS≥3 resp. 0 – 2 erfasst durch AA sowie ERB, Korrektur des NRS durch ERB.

Ergebnisse:

Tab. 1

Stationäre Eintritte DM

Risikopatienten (NRS≥3)

Anzahl

100,0%

(464/464)

Anzahl

100,0%

(145/145)

NRS 0 – 2

68,8%

(319/464)

Angemeldet zur ERB

27,6%

(40/145)

NRS≥3

31,2%

(145/464)

Nicht angemeldet zur ERB

72,4%

(105/145)

Anmeldungen zur ERB

Korrektur des NRS durch ERB

Anzahl

100,0%

(69/69)

Diskrepanz

52,2%

(36/69)

NRS 0 – 2

42,0%

(29/69)

NRS erhöht

36,2%

(25/69)

NRS≥3

58,0%

(40/69)

NRS gesenkt

15,9%

(11/69)

Initial 0 – 2, nach Assessment NRS≥3

17,4%

(12/69)

Schlussfolgerung: Der initial erfasste NRS soll bei Patienten mit Risiko für ME (NRS≥3) zwingend mit einem Ernährungsassessment durch die ERB auf seine Richtigkeit überprüft, respektive angepasst werden, um die Diagnose ME korrekt auszuweisen oder zu widerlegen. Die hohe Rate von nicht angemeldeten Patienten mit NRS≥3 zur ERB lässt vermuten, dass die Schulung der AA betreffend der Bedeutung und Konsequenz der NRS Erfassung verbessert werden muss. Das Unterlassen der Anmeldung von Risikopatienten zur ERB hat große medizinische und oekonomische Konsequenzen.