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DOI: 10.1055/s-0035-1550192
Was kostet eine glutenfreie Ernährung bei Zöliakie? Verzehrserhebungen und Selbsteinschätzungen zum diätetisch bedingten Aufwand
Hintergrund: In Deutschland sind rund 0,3% der Bevölkerung von Zöliakie betroffen [1] und damit zu einer lebenslangen glutenfreien Ernährung verpflichtet [2]. Ziel der vorliegenden Studie war es, sowohl durch Verzehrserhebungen als auch Selbsteinschätzungen den differenzierten Aufwand für eine glutenfreie Ernährung zu erheben.
Methoden: Aus der Mitgliederdatenbank der DZG e.V. wurden 1.000 Betroffene gezogen, die postalisch einen standardisierten Fragebogen zu den Themen glutenfreie Diät, Koch- und Einkaufsverhalten und Einschätzung des Aufwands sowie ein 4-Tage-Verzehrsprotokoll zum tatsächlichen Lebensmittelverzehr erhielten. Der Erhebungszeitraum umfasste 5 Wochen. Die Auswertungen erfolgten mit EvaSys, SPSS und Excel.
Ergebnisse und Diskussion: Der Rücklauf beträgt 395 Fragebögen (71% Frauen, 29% Männer). 55,9% der Befragten lagen im Alter zwischen 27 und 64 Jahren. 39% der Teilnehmer leiden unter mindestens einer weiteren ernährungsbedingten Erkrankung. Bei 91,8% der Haushalte nehmen Nicht-Zöliakie-Patienten gelegentlich am glutenfreien Essen teil, zu 57,2% bei jeder warmen Mahlzeit. Die Außer-Haus-Verpflegung wird kaum in Anspruch genommen. Die drei meist genannten Einkaufsstätten sind Supermärkte (88,1%), Drogeriemärkte (84,6%) und Reformhäuser (75,2%), 66% der Betroffenen nutzen den Direktversand, wobei der Preis einer Bestellung bei den Meisten zwischen 30 und 69 € liegt. Brot und feine Backwaren werden häufig selbst hergestellt. Aufgrund der Zöliakie haben sich fast alle Befragten Kochbücher, Toaster, Backformen und andere Küchenutensilien angeschafft. 50,5% kauften einen Brotbackautomaten und 33,8% einen Gefrierschrank. 20,1% der Teilnehmer geben an, Mehrkosten von 20 – 24% pro Monat zu haben und je 18% der Befragten haben einen monatlichen Mehraufwand von 30 – 39% bzw. 40 – 50%. Nach den 4-Tage-Verzehrsprotokollen ergeben sich für die diätetischen Lebensmittel monatliche Ausgaben von durchschnittlich 123,50 ± 89,50 €/Person. Anhand von Modellrechnungen mit passenden Vergleichsdaten könnten die genauen Mehrkosten ermittelt werden.
Schlussfolgerung: Die glutenfreie Ernährung bei Zöliakie bedeutet nicht nur starke Einschränkungen sondern, wie Ergebnisse dieser repräsentativen Stichprobe zeigen, auch einen deutlich höheren Aufwand im Essalltag. Die hier vorgelegten Daten sollten für Diskussionen zur sozialen Ungleichheit der Gesundheitschancen herangezogen werden.
Literatur: [1] Felber et al., S2k-Leitlinie Zöliakie. Ergebnisse einer S2k-Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) gemeinsam mit der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG e.V.) zur Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität. Hg. v. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF e.V.) 2014. [2] Caspary et al., DZG Medizin. Zöliakie/Sprue. 5. Aufl. Hg. v. Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V. Stuttgart. 2010.
Interessenskonflikt: Die Datenerhebung wurde von Frau Katrin Pfeiffer im Rahmen der berufspraktischen Studien des Studiengangs Oecotrophologie (B.Sc.) bei der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft e.V. durchgeführt. Die Autorinnen haben keinen Interessenskonflikt.