Aktuelle Ernährungsmedizin 2015; 40 - P1_1
DOI: 10.1055/s-0035-1550187

Deutschlandweite Studie zur Einschätzung des therapeutischen Potenzials von Prä- und Probiotika durch niedergelassene Ärzte

MT Bertels 1, B Blumenschein 1, M Smollich 1
  • 1Mathias Hochschule Rheine, Clinical Nutrition

Einleitung: Nachdem die Anwendung von Prä- und Probiotika ursprünglich auf gastrointestinale Indikationen beschränkt war, werden zunehmend auch mögliche systemisch-metabolische Effekte durch die Interaktion mit dem intestinalen Mikrobiom diskutiert. Bisher noch nicht untersucht wurde die Einschätzung des therapeutischen Potenzials dieser Prä- und Probiotika durch niedergelassene Ärzte sowie das entsprechende aktuelle und prospektive Verschreibungsverhalten.

Methoden: Ein Multiple-choice-Fragebogen wurde konzipiert und an 3.000 niedergelassene Ärzte in Deutschland verschickt. Die Fragen betrafen die Einschätzung der pathophysiologisch-therapeutischen Bedeutung des Mikrobioms, das aktuelle und das prospektive Verordnungsverhalten für Prä- und Probiotika sowie personenbezogene Angaben. Zu jeder Frage existierte die Möglichkeit der Freitextantwort. Die Anonymität der Teilnehmer war gewährleistet.

Ergebnisse: Die Rückläuferquote betrug 19% (n = 576). Die am häufigsten vertretenen Fachrichtungen waren Allgemeinmedizin (82%) und Innere Medizin (10%). 95% der Teilnehmer gaben an, regelmäßig Prä- oder Probiotika zu verordnen; häufigste Indikationen waren Diarrhöen (86%) und Antibiotika-Gabe (84%). Ein Großteil der Ärzte verordnet Probiotika auch bei nicht-gastroenterologischen Indikationen, so bei Allergien (68%), Infekten (58%), chronischen Erschöpfungszuständen (33%) oder Metabolischem Syndrom (24%). Für die Pathophysiologie von Metabolischem Syndrom bzw. Adipositas sehen 28% bzw. 20% eine „wichtige Rolle“ des intestinalen Mikrobioms. Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl eines Probiotikums war die Keimzahl (40%), noch vor der Stammspezifität (33%). 94% der Teilnehmer schätzen die zukünftige therapeutische Bedeutung von Probiotika als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ ein.

Schlussfolgerung: Trotz der Fragebogen-üblichen Limitationen erlaubt diese bislang größte deutschlandweite Untersuchung eine differenzierte Analyse der Beurteilung von Prä- und Probiotika durch niedergelassene Fachärzte. Neben der großen gesundheitlichen Bedeutung, die dem intestinalen Mikrobiom zugesprochen wird, ist besonders bemerkenswert, dass ein Großteil der Ärzte ein erhebliches therapeutisches Potenzial auch für nicht-gastroenterologische Indikationen sieht.

Interessenkonflikte: Der Postversand der Fragebögen wurde gesponsort von nutrimmun GmbH.