Aktuelle Ernährungsmedizin 2014; 39 - P41
DOI: 10.1055/s-0034-1375895

Vergleich einer Selbsteinschätzung zum Mangelernährungsrisiko mit einer objektiven Bewertung durch Nutritional Risk Screening, BIA-Messung und Albuminwert bei Patienten zu Beginn einer Chemotherapie am Universitätsklinikum Frankfurt

J Wojzischke 1, J Hackenberg 1, S Marienfeld 1, J Bojunga 1
  • 1Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität, Ambulanz für enterale und parenterale Ernährung, Frankfurt am Main, Germany

Fragestellung: Bis zu 65% der Patienten mit einer Tumorerkrankung weisen zu Beginn einer Chemotherapie eine Mangelernährung (ME) auf. In der vorliegenden Studie wird untersucht, ob Patienten ihr Mangelernährungsrisiko selber richtig einschätzen und in wie weit diese Einschätzung durch objektive Messmethoden bestätigt werden kann.

Methodik: In die prospektive Beobachtungsstudie werden Patienten aus den Bereichen Urologie, Hämatologie, Gastroenterologie und Pneumologie bei Chemotherapiebeginn zu ihrer Selbsteinschätzung für ein ME-Risiko befragt. Die Patienten schätzen ihr Risikopotenzial anhand einer Skala von „Ja“ über „Weiß ich nicht“ zu „Nein“ ein. Parallel dazu wird ein Nutritional Risk Screening (NRS) erhoben, der Albuminwert im Blut bestimmt und eine Bioelektrische-Impedanz-Analyse sowie eine Messung der Handmuskelkraft (HMK) durchgeführt.

Ergebnis: Es wurden 100 Patienten, darunter 56 Männer und 44 Frauen im Alter zwischen 24 und 86 (Median 62) eingeschlossen. 34 Patienten erhalten eine adjuvante, 66 eine palliative Chemotherapie. Der BMI liegt im Mittel bei 25,5 ± 4,7 kg/m2. 22 Patienten schätzen ihr ME-Risiko mit „Ja“ ein, 53 mit „Nein“ und 25 geben „Weiß ich nicht“ an. Im NRS erhalten 39 Patienten 3 bis 7 Punkte, 26 Patienten 1 bis 2 Punkte und 35 Patienten 0 Punkte. 90,5% der Patienten, die „Ja“ angegeben erhalten zwischen 1 und 7 Risikopunkte im NRS. Patienten mit der Antwort „Weiß ich nicht“ haben zu 66,6% ein ME-Risiko im NRS, während es auch in der Gruppe „Nein“ 52% sind. Hinsichtlich Albuminwert unterscheidet sich die Gruppe „Ja“ signifikant zu den Gruppen „Weiß ich nicht“, „Nein mit NRS 0“ sowie „Nein mit NRS 1 – 7“ (p = 0,043, p = 0,004, p = 0,023). Hinsichtlich NRS unterscheiden sich Gruppen „Ja“ und „Weiß ich nicht“ zur Gruppe „Nein mit NRS 0“ signifikant (p = 0,000), ebenfalls unterscheiden sich „Ja“ und „Nein“ (p = 0,016). Hinsichtlich Body Cell Mass (BCM) und HMK unterscheiden sich die Gruppen „Ja“ und „Nein mit NRS 0“ signifikant (p = 0,016 und p = 0,009) sowie „Ja“ und „Nein“ bei der HMK (p = 0,013).

Schlussfolgerung: Für einen Großteil der Patienten, die in der Selbsteinschätzung mit „Ja“ und „Weiß ich nicht“ antworten, liegt objektivierbar im NRS ein ME-Risiko vor. Bei den Patienten die mit „Nein“ antworten hat die Hälfte (48%) ein ME-Risiko im NRS. Sie schätzen sich selbst zu optimistisch ein. Dies zeigt auch der nicht signifikante Unterschied der Mittelwertvergleiche für NRS, HMK und BCM dieser Gruppe im Vergleich zu Gruppe „Ja“.