Aktuelle Ernährungsmedizin 2012; 37 - P3_3
DOI: 10.1055/s-0032-1312513

Screening auf Mangelernährung erfordert ausreichende Mitarbeiterschulung

G Schulze 1 K Borchert 2, für die Projektgruppe Expertenstandard
  • 1Zentrum für Innere Medizin/Universitätsmedizin Rostock, Klinik II – Abteilung Endokrinologie, Rostock, Germany
  • 2Zentrum für Innere Medizin/Universitätsmedizin Rostock, Klinik III – Abteilung Hämatologie, Onkologie, Palliativmedizin, Rostock, Germany

Fragestellung: Die Prävalenz der Mangelernährung ist mit ca. 1/4 der in die Klinik aufgenommenen Patienten hoch. Im Zentrum Innere Medizin der Universitätsmedizin Rostock existierte bislang kein strukturiertes Konzept zur Erfassung und Behandlung der Mangelernährung. Zur Einführung des „Expertenstandard zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege“ (Expertenstandard) wurde eine Projektgruppe gebildet. Im Rahmen des Expertenstandard soll das Risiko für eine Mangelernährung erkannt und erste Maßnahmen eingeleitet werden. Ziel der durchgeführten Untersuchung war es, herauszufinden, ob ein Screening auf Mangelernährung durch Pflegekräfte ohne spezielle Schulung machbar ist und wie hoch die Fehler- und Ausfallraten sind.

Methodik: Während eines 4 wöchigen Zeitraumes wurden im Zentrum Innere Medizin auf allen Akutstationen (exklusiv Intensiv- und Palliativstation) alle neu aufgenommenen Patienten analog des Nutritional Risk Screening (NRS 2002) innerhalb von 48 Stunden nach Aufnahme gescreent. Den Stationen wurde ein Screeningbogen mit den vier Eingangsfragen aus dem NRS 2002 (BMI <21,5; ungewollter Gewichtsverlust; reduzierte Nahrungszufuhr; schwere Erkrankung) sowie BMI-Messscheiben zur Verfügung gestellt.

Ergebnisse: Im Zeitraum wurden 868 Patienten auf die teilnehmenden Stationen aufgenommen. Davon erfolgte bei 394 Patienten ein Risiko-Screening (45,4%). Von diesen 394 Screening-Bögen konnten 340 Bögen (86,3%; 192Männer, 149 Frauen) vollständig ausgewertet werden. Damit wurden 39,2% der Aufnahmen korrekt gescreent. Die Rate variierte unter den Abteilungen zwischen 29,9% (Gastroenterologie) und 71,7% (Hämatologie). Das mediane Alter der Patienten bei Aufnahme betrug 69,0 Jahre (17–91 Jahre), der mittlere BMI lag bei 28,4±0,33 (MW±SEM). Bei 154 Patienten (45,3%) wurde eine der vier Eingangsfragen mit „ja“ beantwortet und somit ein Risiko für Mangelernährung festgestellt.

Schlussfolgerung: Das Eingangsscreening nach dem NRS 2002 durch Pflegekräfte ist ohne Schulungs- und Motivationsmaßnahmen nicht mit ausreichender Vollständigkeit durchzuführen. Weniger als 50% aller Patienten wurden nach Aufnahme gescreent. Bei den gescreenten Patienten lag des Risiko für eine Mangelernährung bei fast 50% und liegt damit etwas über den in der Literatur beschriebenen Zahlen.

In einem nächsten Schritt sollen in der Universitätsmedizin Rostock Schulungsmaßnahmen durchgeführt werden und deren Effekt in einer weiteren Untersuchung erfasst werden.