Z Orthop Unfall 2011; 149(03): 246-247
DOI: 10.1055/s-0031-1283060
Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nachwuchs – Ärztemangel – auch ein Problem mäßiger Zahlen

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Publication Date:
17 June 2011 (online)

 

Kein Ärztekongress ohne das Thema Nachwuchssorgen und Arztmangel. Doch ist die Situation wirklich so dramatisch, wie gelegentlich zu hören? Zumindest die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie vollzog unlängst eine erstaunliche Wende: weg von plakativen Fehlurteilen.

"Nachwuchssorgen" plagen die Deutschen Chirurgen – etwa im April 2004. Der damalige DGCh-Präsident Prof. Bernward Ulrich fordert eine "Ausbildungsplatzabgabe" für Chirurgen. Werde nicht gegengesteuert, so sein Nachfolger Prof. Matthias Rothmund Ende 2004, werde man unter dem Ärztemangel spürbar leiden. 2008 prognostiziert DGCh-Präsident Prof. Rainer Arbogast ein "eklatantes Versorgungsproblem" für die kommenden Jahre. "Eklatanten Fachärztemangel" beklagen einmal mehr Standesvertreter auf dem DKOU 2010. Nur noch 1339 Orthopäden und Unfallchirurgen hätten 2009 ihre Facharztprüfung abgelegt. 228 weniger als noch 2007.

Ärztemangel allenthalben!

Überraschenderweise seit Kurzem erst einmal storniert. Und zwar ausgerechnet von der DGCh. Die aktuelle Debatte sei geprägt von "pauschalisierenden Behauptungen, sehr heterogenen Datenlagen und darauf fußenden fragwürdigen Prognosen", so Anfang Dezember 2010 Prof. Hartwig Bauer, Generalsekretär der DGCh auf einer Pressekonferenz.

Ein Grund der Verwirrung: Die Statistik zum Thema Ärztemangel hat eine mäßige Grundlage und die Zahlen werden von den Akteuren im Gesundheitswesen gelegentlich recht unterschiedlich gewichtet.

Als Referenz wäre einmal zu nennen, es grüßt die Kassenseite, die Zahlen des WIdO der AOK. Das Institut hebt fast immer auf eine seit Jahren steigende Arztdichte ab.

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(Foto: Markus Niethammer/Thieme Verlagsgruppe)

320 000 berufstätige Ärzte in Deutschland zählte es im letzten Versorgungsreport. 390 Ärzte arbeiteten danach 2008 für 100 000 Einwohner. Gegenüber 1990 ist das 28 % mehr. Es gebe keinen Arztmangel, so fast unisono die Kassenvertreter, doch seien die Ärzte ungleich verteilt. Strukturell "interessante" Regionen im "Südwesten der Republik" weisen regelmäßig Versorgungsgrade von 130, 140 % und mehr auf. Starnberg bringt es derzeit bei Hausärzten auf 148,1 %, Tübingen, Stand 2007, bei Psychotherapeuten gar auf 591 %. 83 von insgesamt 395 Planungsbezirken in Deutschland haben hingegen weniger als 100 % Versorgung. Viele davon liegen im Osten: Der Saalekreis in Sachsen-Anhalt ist bei Hausärzten mit 69,1 % unterversorgt.

Eine Sichtweise, an denen Referenzwerk Nummer 2, es grüßt die Arztseite, per se nichts zu mäkeln hat. Auch die Studie zur Altersstruktur- und Arztzahlentwicklung von BÄK und KBV, in 5. Auflage vom September 2009 [s. weitere Informationen], sieht einen "Staubsaugereffekt in Richtung Westen": Wenn Hausärzte in Regionen im Osten schlechtere Verdienstmöglichkeiten haben, gingen sie eben lieber in den Westen.