Z Sex Forsch 2010; 23(1): 1-22
DOI: 10.1055/s-0030-1247284
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Eine Vereinigung von „Klemmschwestern“?[1]

Zur Geschichte der Internationalen Homophilen Welt-Organisation (IHWO)Raimund Wolfert
Further Information

Publication History

Publication Date:
16 March 2010 (online)

Übersicht:

Nach der Liberalisierung des § 175 im Jahr 1969 formierte sich in Deutschland die Internationale Homophile Welt-Organisation (IHWO) und erlebte mit rund 800 Mitgliedern eine kurze Blütezeit. Der Beitrag skizziert die Geschichte der IHWO sowie ihres dänischen Vorbilds und lässt sie als eine Organisation kenntlich werden, die dem Autoritäts- und Respektabilitätsdenken der Nachkriegszeit stark verbunden war. Mutig und doch auf Abgrenzung von der aufkommenden Schwulenbewegung bedacht, wurden die Homophilen bald von den Ereignissen überrollt. So wurde ihre Ablehnung gegenüber Rosa von Praunheims Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ zum Anlass massiver Auseinandersetzungen. Letztlich zerbrach die IHWO im Jahr 1974 vor allem am Anspruch, im Kampf um Anerkennung seriös aufzutreten, und an der Unfähigkeit, mit den radikaleren Protagonisten der Schwulenbewegung zusammenzuarbeiten.

1 Die provokativ formulierte Frage geht auf eine flapsige Bemerkung zurück, die auf der letztjährigen Tagung „Ohnmacht und Aufbegehren. Homosexuelle Männer in der frühen Bundesrepublik“ fiel. Diese Tagung fand vom 11. bis 13. Dezember 2009 in Zusammenarbeit mit der Initiative Queer Nations und der Bundeszentrale für politische Bildung in der Akademie Waldschlösschen statt. Im Vorgriff auf ­einen Vortrag, den ich über die Geschichte der IHWO halten sollte, erklärte ein Teilnehmer, der zu den erklärten „Veteranen“ der deutschen Schwulenbewegung der 1970er Jahre gehört, ich würde ja später noch ausführlich auf die „Klemmschwestern von der IHWO“ zu sprechen kommen. R. Wolfert.

Literatur

1 Die provokativ formulierte Frage geht auf eine flapsige Bemerkung zurück, die auf der letztjährigen Tagung „Ohnmacht und Aufbegehren. Homosexuelle Männer in der frühen Bundesrepublik“ fiel. Diese Tagung fand vom 11. bis 13. Dezember 2009 in Zusammenarbeit mit der Initiative Queer Nations und der Bundeszentrale für politische Bildung in der Akademie Waldschlösschen statt. Im Vorgriff auf ­einen Vortrag, den ich über die Geschichte der IHWO halten sollte, erklärte ein Teilnehmer, der zu den erklärten „Veteranen“ der deutschen Schwulenbewegung der 1970er Jahre gehört, ich würde ja später noch ausführlich auf die „Klemmschwestern von der IHWO“ zu sprechen kommen. R. Wolfert.

2 Im Folgenden stütze ich mich maßgeblich auf die Darstellung zur Geschichte der IHWO in Wolfert (2009). Bei Zitaten, die nicht aus Büchern oder namentlich gezeichneten Aufsätzen stammen, verweise ich auf die entsprechenden Zitierstellen aus diesem Buch.

  • 1 Dannecker M. Der unstillbare Wunsch nach Anerkennung. Homosexuellenpolitik in den fünfziger und sechziger Jahren. In: Grumbach D, Hrsg. Was heißt hier schwul? Politik und Identitäten im Wandel. Hamburg: MännerschwarmSkript Verlag 1997; 27–44
  • 2 Eckert A. „Schwul“ ist parlamentsfremd. Sieben Jahre im Abgeordnetenhaus. In: Kraushaar E, Hrsg. Hundert Jahre schwul. Eine Revue. Berlin: Rowohlt 1997; 179–191
  • 3 Elmer M. Det bli’r taget pis på jer!.  Vennen. 1969;  21 6
  • 4 Erlenhardt U. Die schwule Sau.  Du & Ich. 1970;  2 4
  • 5 Koller C. Überredungsversuch mit dem Holzhammer. Anmerkungen zu einem filmischen Ärgernis.  Him. 1971;  2 32-33
  • 6 Rimmele H. „Alle gaben sich tolerant und verständnisvoll.“ Die Berichterstattung über Schwule in den siebziger Jahren. In: Kraushaar E, Hrsg. Hundert Jahre schwul. Eine Revue. Berlin: Rowohlt 1997; 130–149
  • 7 Rosen W. Pornografiaffæren i 1955.  Zink. 1999;  4 14-18
  • 8 Wolfert R. Gegen Einsamkeit und ‚Einsiedelei‘. Die Geschichte der Internationalen Homophilen Welt-Organisation (IHWO). Hamburg: Männerschwarm Verlag 2009

R. Wolfert

Torfstr. 12

13353 Berlin

Email: raimund.wolfert@t-online.de

    >