Klin Monbl Augenheilkd 2010; 227(9): 721-722
DOI: 10.1055/s-0029-1245719
Editorial

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Prof. Dr. Wolfgang Behrens-Baumann gewidmet zum 65. Geburtstag

Prof. Dr. Wolfgang Behrens-Baumann Dedicated to His 65th BirthdayA. Viestenz1
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Publication Date:
15 September 2010 (online)

Am 14.6.2010 feierte Herr Prof. Dr. Wolfgang Behrens-Baumann (BB) seinen 65. Geburtstag. Dieses und die folgenden Hefte mit 19 Beiträgen von Weggefährten, Kollegen und akademischen Schülern sind diesem Jubiläum gewidmet. Allen Autoren sowie den Editoren der Klinischen Monatsblätter für Augenheilkunde sei an dieser Stelle für ihre Unterstützung zur Entstehung dieses Widmungshefts gedankt.

Als Kind der Nachkriegsjahre lernte der gebürtige Hamburger BB, rasch auf Veränderungen zu reagieren. Das Studium der Humanmedizin führte ihn von Kiel über Wien an die Freie Universität Berlin. Sein Interesse an der Infektiologie wurde bereits mit der Dissertation „Über die Abhängigkeit der Keimabtötungsgeschwindigkeit von dem Redoxpotential in Meerwasser bei Verwendung von Chlor als Desinfektionsmittel” geweckt.

Eine fundierte augenärztliche Ausbildung erhielt er von 1972 – 1976 an der Göttinger Universitätsaugenklinik unter Prof. Dr. W. Hallermann mit dem Schwerpunkt der Vorderabschnittschirurgie. 1976 wurde BB Funktionsoberarzt. Prof. Dr. M. Vogel, der neue Chef der Göttinger Augenklinik, übertrug ihm im Alter von 33 Jahren die Stelle des leitenden Oberarztes. In dieser Zeit wurde sein Interesse an Hinterabschnittschirurgie und Ophthalmopathologie geweckt.

Die Verletzungen in der Ära vor der Anschnallpflicht waren prägend. Die primäre Wundversorgung zählte zur Tages(Nacht)-Ordnung. Um den Dingen auf den Grund zu gehen – oder wie BB oft betonte „ad fontes” – erforschte er tierexperimentell „die medikamentöse Behandlung der massiven periretinalen Proliferationen nach penetrierendem Augentrauma”, womit er sich 1983 an der Georg-August-Universität Göttingen für das Fach Augenheilkunde habilitierte. Weitere wissenschaftliche Schwerpunkte waren neben der tierexperimentell induzierten Retinopathia traumatica Purtscher die Ophthalmopharmakologie und Ophthalmomikrobiologie, welche in der Entwicklung eines animalen Keratitis- und Konjunktivitismodells mündeten. Seine ophthalmogenetischen Arbeiten führten zur Benennung einer okulozerebralen Dysplasie nach ihm (Behrens-Baumann-Dust-Syndrom) [1]. 1985 erfolgte die Ernennung zum C 2-Professor, 1988 zum außerplanmäßigen Professor.

In den bewegten Jahren nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde BB ersucht, die kommissarische Leitung der Augenklinik der Medizinischen Akademie Magdeburg zu übernehmen. Er trat unter unsicheren Verhältnissen diese verantwortungsvolle Aufgabe am 16.5.1992 an. Um sich der Leitung der Klinik voll widmen zu können und seine beiden Töchter nicht aus ihrer Ausbildung herauszureißen, blieb seine Familie in Göttingen. Seine Frau hielt über 18 Jahre das Band der Familie zusammen.

In einem ordentlichen Berufungsverfahren wurde Professor Behrens-Baumann am 11.5.1993 auf das Ordinariat der Universitätsaugenklinik der inzwischen neu gegründeten Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg berufen. Unter seinen Vorgängern war die ophthalmologische Mikrochirurgie etabliert worden. Nach dem Grundsatz „Alles, was bewährt ist, wird bleiben. Was geändert werden muss, wird sich ändern.” führte er in wenigen Jahren die Augenklinik auf das Niveau von Universitätskliniken der alten Bundesländer. 1998 war der Klinikumbau abgeschlossen. Bei wachsenden OP-Zahlen und einem apparativen Ausbau der Hochschulambulanz erfolgte 2004 der Umzug in die neue Augenklinik. Die Bereiche Hornhauttransplantation, Lid- und plastisch-rekonstruktive Chirurgie, Glaukomchirurgie, Strabologie und Hinterabschnittschirurgie wurden schwerpunktmäßig ausgebaut. Die Neuerungen auf dem Gebiet der Kunstlinsenimplantate, Laserablation und Quervernetzung der Hornhaut, vitreoretinalen Chirurgie sowie Anti-VEGF-Therapie wurden von BB gefördert. 2009 wurde ein ambulanter Eingriffsraum in die Klinik implementiert.

Als Direktor der Augenklinik nahm BB aktiv Aufgaben im Fakultätsrat wahr: Er arbeitete langjährig in der Haushalts-, Planungs-, Struktur-, Habilitations- und Ethikkommission und stand mehreren Berufungskommissionen vor. Die akademische Lehre erfüllte er mit Herzblut und Esprit. Seine Studenten verliehen ihm mehrfach den Preis der Lehre für die „Beste klinische Vorlesung”. Die stets selbstgebundene Schleife, oft fälschlich als Fliege bezeichnet, wurde das Markenzeichen des einzigen zum Professor des Jahres nominierten Ophthalmologen (2008).

Er stand der familienfreundlichsten Klinik auf dem Campus vor: Der Frauenanteil unter seinen Auszubildenden betrug mehrere Jahre 100 %. Unter seiner Ägide wurden 103 Ärzte/Innen ausgebildet, habilitierten sich 5 Mitarbeiter seiner Klinik. Drei seiner Oberärzte besetzen Chefarztpositionen.

Bereits in Göttingen auch auf das augenärztliche Gutachterwesen spezialisiert, bildete er nach der deutschen Wiedervereinigung akribisch die Kollegen in den neuen Bundesländern im geänderten augenärztlichen Begutachtungswesen aus. Es folgte die Ernennung zum Vorsitzenden der Rechtskommission von DOG und BVA zusammen mit Prof. Gramberg-Danielsen. Aus dem Gutachterwesen in die Klinik übertrug er auch seinen hohen Anspruch, „Arztbriefe müssen in Form und Inhalt jeglicher Kritik standhalten!”. Jeder Arztbrief seiner Klinik wurde von ihm persönlich Korrektur gelesen, ebenso verbesserte er die Manuskripte seiner Mitarbeiter über Nacht. Sein Wissensdurst erlosch auch in Magdeburg nicht, über 180 Arbeiten veröffentlichte er im Peer-Review-Verfahren. Zusätzlich gab er als Editor von Developments in Ophthalmology (Karger/Basel) 18 Bände zu aktuellen Themen der Ophthalmologie heraus. BB engagiert sich im Editorial Board der Klinischen Monatsblätter für Augenheilkunde, des Ophthalmologen und von Ophthalmologica/Basel. Als einer der Initiatoren veranstaltete er das erste Meibom-Symposium 2000 in Magdeburg und hat über viele Jahre die Erforschung von Erkrankungen der Augenoberfläche gefördert (Jury-Mitglied für den Sicca-Forschungspreis). Neben mehreren Tagungen der SATh hat er 2005 die der DGII organisiert.

„Alles auf der Welt kommt auf einen gescheiten Einfall und einen festen Entschluss an” (Goethe). Sein Keratomykosemodell wurde in Magdeburg weiterentwickelt und führte zur Optimierung der antimykotischen Therapie [2]. Kollegen beriet er gerne (sogar in seinem Urlaub) bei besonders schweren infektiologischen Fällen. Das BB 1- und BB 2-Zeichen ist diagnostisch hinweisend für eine Keratomykose geworden [3]. Das Erlanger Verfahren der nicht mechanischen Hornhauttrepanation mittels Excimer-Laser wurde als Keratoplastik in freier Form modifiziert [4]. BB etablierte den „Magdeburger Dreistufenplan” zur Prophylaxe und Therapie der Endophthalmitis [5]. Als langjähriger deutscher Vertreter der International Society of Ocular Inflammation erarbeitete er maßgeblich die Leitlinien zur Prophylaxe und Therapie der Endophthalmitis, die von der DGII, der ESCRS sowie der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene offiziell übernommen wurden [6] [7].

Den Spagat zwischen Ordinariat, Forschung, Lehre und Familie und dem Leben in zwei Städten bewältigte BB dank der starken Frau an seiner Seite. Umso wichtiger waren die Momente, in denen der freundliche, lebensfrohe, kunstsinnige und sportliche BB Kultur und Natur mit seiner Familie oder abends nach der Klinik genießen konnte. Das in den 20 Jahren nach der Wiedervereinigung kulturell prosperierende Magdeburg hatte BB in seinen Bann geschlagen, nicht selten überraschte er bei den Frühbesprechungen mit aktuellsten Kultur- und Ausstellungstipps. Als ehemaliger Wagner-Stipendiat, Chorsänger sowie Aktiver an Piano und Orgel, hatte BB den Wiederaufbau der Magdeburger Domorgel gefördert. Aufgrund seiner Verbundenheit mit der Stadt an der Elbe hatten ihm die Klinikmitarbeiter anlässlich seines 60. Geburtstags einen Stifterstern an der wieder aufgebauten Sternbrücke gewidmet.

Dem Leben kann man nicht mehr Tage geben, aber dem Tag mehr Leben. Wir wünschen Ihnen, lieber Herr Professor Behrens-Baumann, die Zeit, Ihre ganz großen Träume erfüllt zu sehen.

Im Namen der Mitarbeiter der Universitätsaugenklinik Magdeburg

Arne Viestenz

Herr Prof. Dr. med. Wolfgang Behrens-Baumann.

A. Viestenz

Literatur

  • 1 Behrens-Baumann W, Dust G, Rittmeier K et al. Okulo-zerebrale Dysplasie: Aplasia nervi optici sowie familiärer Mikro- und Kryptophthalmus. Eine klinische und computertomographische Untersuchung.  Klin Monatsbl Augenheilkd. 1981;  179 90-93
  • 2 Behrens-Baumann W, Uter W, Vogel W et al. Tierexperimentelles Modell einer Keratomykose.  Klin Monatsbl Augenheilkd. 1987;  190 496-500
  • 3 Behrens-Baumann W. Diagnostik und Therapie der Keratomykose.  Ophthalmologe. 2009;  106 471-480
  • 4 Schmitz K, Lang G K, Behrens-Baumann W. Lichtmikroskopische Untersuchungen zur kornealen Wundheilung nach tierexperimenteller perforierender Keratoplastik nach Excimer-Laser-Trepanation in freier Form.  Klin Monatsbl Augenheilkd. 2006;  223 957-965
  • 5 MAGDEBURGER DREISTUFENPLAN für systemische Antibiotikatherapie nach Prof. Behrens-Baumann (1991 / 2010). http://www.med.ovgu.de/augenklinik
  • 6 Behrens-Baumann W, Augustin A, Dick B et al. Leitlinie zur Prophylaxe und Therapie von Endophthalmitiden.  Hyg Med. 2003;  28 447-460 (Erratum 511), (Leitlinie der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation und refraktive Chirurgie, DGII 2005)
  • 7 Barry P, Behrens-Baumann W, Pleyer U et al. ESCRS Guidelines on prevention, investigation and management of post-operative endophthalmitis. 2007 Version 2

PD Dr. Arne Viestenz

Univ.-Augenklinik, Otto-von-Guericke-Universität

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