Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P771
DOI: 10.1055/s-0029-1238864

Familiäre Kavernome in einer großen hessischen Familie mit neuer Mutation im CCM1-Gen

W Euteneuer 1, K Graeser 1, W Deinsberger 1, R Siekmann 1, T Jörn 1, U Felbor 1, A Ferbert 1
  • 1Kassel, Baunatal, Würzburg

Fragestellung und Hintergrund: Von allen vaskulären Malformationen des Zentralnervensystems machen cerebrale Kavernome etwa einen Anteil von 5–13% aus.

Denier et al. konnten zeigen, dass von 96 Probanden, bei welchen mindestens ein Kavernom diagnostiziert wurde und bei denen zudem mindestens ein Verwandter ebenfalls betroffen war (Läsionen im MRT), 94% Träger einer Mutation in einem der drei heute bekannten CCM-Genen I-III (CCM=cerebral cavernous malformations) waren. Die Mutationen werden autosomal dominant in den betroffenen Familien weitergegeben.

Fallbericht: Eine 79 Jahre alte Patientin wurde nach einem cerebralem Krampfanfall in unserer Klinik vorgestellt. Als Ursache des Grand Mal Anfalls wurden im MRT multiple cerebrale Kavernome identifiziert. Eine Stammbaumanalyse ergab, dass in der Familie weitere Blutungsereignisse aufgetreten waren.

Es wurden die erreichbaren Familienmitglieder einer Bildgebung mittels T2*-gewichteten MRT zugeführt. Während größere Kavernome auch im T2 und FLAIR-Bild nachweisbar waren, zeigte die T2*-Sequenz die größte Sensitivität für kleine Kavernome. Von 12 erreichbaren Personen in vier Generationen der Familie konnten wir 11 Probanden neuroradiologisch untersuchen.

Bei 6 Personen mit klinischen Symptomen fanden sich Kavernome im MRT. Ein radiologisch nachgewiesener Cavernomträger zeigte keine klinischen Symptome. Vier weitere Familienmitglieder zeigten weder klinisch noch neuroradiologisch Auffälligkeiten.

Die 12. Person konnte nicht untersucht werden, muss aber bei 2 betroffenen Kindern Merkmalsträger sein.

Schlussfolgerungen: Die genetische Ursache der familiären Kavernome fanden wir in einer bisher nicht beschriebenen Mutation des CCM1-Gens im Exon 14 (c.1258_1273del), welche zu einer Leserasterverschiebung („frame shift“) und einem vorzeitigen Stopkodon führt.

In der Bildgebung ist die Durchführung einer T2*-Sequenz unverzichtbar, da kleinere Läsionen in anderen Sequenzen der Darstellung entgehen können. Unsere radiologischen Untersuchungen an den erreichbaren Familienmitgliedern vierer Generationen wiesen bei mehreren Mitgliedern multiple, teilweise bereits klinisch manifeste, teilweise bisher subklinische Kavernome nach. Die große Anzahl der Betroffenen in dieser Familie zeigt, wie wichtig ein frühzeitiges neuroradiologisches oder genetisches Screening der Verwandten von Trägern multipler Kavernome ist, insbesondere wenn schon weitere Verwandte als Kavernomträger identifiziert wurden.