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DOI: 10.1055/s-0029-1238805
Multifokale motorische Neuropathie – eine Differenzialdiagnose zum Sulcus-ulnaris-Syndrom
Bei der multifokalen motorischen Neuropathie (MMN) liegen demyelinisierende Leitungsblöcke peripherer motorischer Nerven vor. Typischerweise liegen diese Leitungsblöcke außerhalb prädisponierender anatomischer Engpässe wie beispielsweise dem Sulcus ulnaris oder dem Karpaltunnel. Der elektroneurographische Nachweis von Leitungsblöcken (außerhalb anatomischer Engpässe) ist neben der rein motorischen Symptomatik charakteristisch für die MMN.
Wir berichten über einen 40-jährigen Patienten mit MMN, welcher aufgrund seiner Leitungsblock-Lokalisation im Sulcus ulnaris-Bereich zunächst als Sulcus ulnaris-Syndrom diagnostiziert und behandelt wurde.
Der Patient stellte sich wegen langsam progredienter Paresen und Atrophien des linken M. flexor carpi ulnaris und der linksseitigen ulnarisinnervierten Handmuskeln vor. Schmerzen oder Sensibilitätsstörungen bestanden zu keinem Zeitpunkt. Eine vor der hiesigen Vorstellung durchgeführte operative Ventralverlagerung des linken N. ulnaris bei vermutetem Sulcus ulnaris-Syndrom hatte keine Besserung zur Folge, vielmehr schritt die Symptomatik postoperativ kontinuierlich weiter voran. Die hier durchgeführte Elektroneurografie belegte einen Leitungsblock des linken N. ulnaris im Sulcus ulnaris-Bereich; die MRT ergab eine Signalsteigerung des linken N. ulnaris im Sulcus ulnaris-Bereich; beide Befunde waren suggestiv auf ein linksseitiges Sulcus ulnaris-Syndrom. In der ausführlichen Serum- und Liquordiagnostik fand sich dann allerdings ein erhöhter GM1-Antikörper-Titer, welcher zusammen mit der rein motorischen Symptomatik eine MMN vermuten ließ.
Unter einem ersten Therapiezyklus mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG, 0,4g/kg Körpergewicht an fünf aufeinanderfolgenden Tagen) kam es zu einer erkennbaren Besserung der Symptomatik. Bis jetzt wurden fünf IVIG-Zyklen durchgeführt. Die initialen motorischen Defizite haben sich bereits deutlich klinisch und elektroneurographisch zurückgebildet.
Dieses Fallbeispiel verdeutlicht die diagnostischen Fallstricke der MMN. Insbesondere das Fehlen sensibler Symptome – wie in dem hier vorgestellten Fall – sollte an eine MMN denken lassen. Diagnostisch richtungsweisend ist dann ein erhöhter GM1-Antikörper-Titer, welcher allerdings nur bei einem Teil der MMN-Patienten vorhanden ist.