Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0029-1238726
Pseudodemenz bei chronischer Neuroborreliose
Eine 72-jährige Patientin stellte sich akut mit einer passageren Wortfindungsstörung (über eine Stunde) in der Notfallambulanz vor. Seit einem halben Jahr sei es bei der bislang gesunden, leistungsfähigen, sportlichen und vielseitig interessierten Patientin zu einem Leistungsknick mit zunehmender Vergesslichkeit, Interessenlosigkeit, Antriebsarmut und häufigen Kopfschmerzen gekommen.
Fokal – neurologische Defizite bestanden bei Aufnahme nicht. Im psychopatholo-gischen Befund war die Patientin psychomotorisch verlangsamt, die neuro-psychologische Testung ergab eine deutliche Einschränkung der Kognition und Aufmerksamkeit sowie eine konstruktive Apraxie (MMST 25/30; Demtect 10/18 P; Uhrentest 0/7P).
Das EEG zeigte eine bihemisphärische Herdstörung. In der Computertomografie des Schädels stellte sich eine Erweiterung der inneren Liquorräume mit Ballonierung des 3. Ventrikels dar, im Vergleich zu einer Voruntersuchung zeigte sich eine Zunahme der Weite des 3. Ventrikels.
Bei Verdacht auf einen Normaldruckhydrocephalus wurde eine Entlastungspunktion mit Liquordruckmessung durchgeführt.
Liquordiagnostisch zeigte sich eine Pleozytose (Zellzahl 96/3, Ges. Eiw. i. L.: 130mg/l). Der Liquordruck war nicht erhöht. Die erweiterte Liquordiagnostik und Serologie ergab erhöhte Titer für Borrelien IgG – AK (2,2 U/ml) und IgM – AK; Borrelien IgG ASI: 23,44. Es wurden oligoklonale Banden nachgewiesen.
Kernspintomographisch stellte sich eine recht ausgeprägte Marklagergliose mit periventrikulärer Betonung dar.
Unter Behandlung mit Ceftraxion kam es binnen drei Monate zu einer vollständigen Regredienz der neuropsychologischen Defizite und einer Normalisierung der Laborparameter.
Die neuropsychologische Testung ergab nun einen altersentsprechenden Normalbefund. Das EEG war ebenfalls unauffällig.
Ursache der Enzephalitis mit Pseudodemenz war eine chronische Neuroborreliose (Stadium III), in der Rückschau lässt sich die initiale Aufnahmesymptomatik der passageren Sprachstörung als komplex – fokales Anfallsereignis einordnen.
Eine isolierte neuropsychologische Einschränkung ist als Manifestation einer Neuroborreliose sehr selten, bei progredienter dementieller Entwicklung unklarer Ursache sollte differenzialdiagnostisch eine Enzephalitis im Rahmen einer Borreliose Stadium III (chronisch – progredient) in Betracht gezogen werden.