Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P600
DOI: 10.1055/s-0029-1238693

Wurmartige Muskelbewegungen bei elektrischer Stille – Rippling Muscle Disease

C Eggers 1, S Iglseder 1, S Weis 1, C Kubisch 1, BGH Schoser 1
  • 1Linz, A; Köln, München

Eine 27-jährige sportliche Frau stellte sich wegen einer seit der Kindheit bestehenden Symptomatik mit Verspannungs- und Verkrampfungsgefühl und einer Verhärtung der Muskulatur bei schon mäßiger sportlicher Aktivität vor. Dieses würde sich trotz Fortführung der Aktivität nach 2–3 Minuten lösen. Morgens würde die Verspannung einen wenige Minuten anhaltenden Spitzfuß bedingen. Eigentliche Krämpfe, dunkler Urin, Abhängigkeit von Temperatur und Nahrung sowie Verhärtung der Zunge bei Eisschlecken wurden verneint. In der Familie hatten Großvater, Vater und Bruder die gleiche Symptomatik im Sinne eines autosomal dominanten Erbgangs. Narkosezwischenfälle mit Rhabdomyolyse waren nicht aufgetreten.

Einzige bekannte Erkrankung der Familie war eine bisher ungeklärte CK- und Transaminasen-Erhöhung.

Klinisch zeigte sich bei allen Betroffenen ein athletischer Muskelbau ohne Paresen, Atrophien oder Faszikulationen. Auffällig war ein durch Druck auf den Muskel induzierbares wellenförmiges Muskelwogen. Schon bei leichtem Beklopfen verschiedener Muskeln zeigte sich eine überschießende und kürzer als bei den Myotonien anhaltende Kontraktion. Nach längerer maximaler Kontraktion der Fingerbeuger fand sich eine deutliche Verzögerung der Fingerstreckung im Sinne eines myotonen Phänomens.

Die CK war auf Werte zwischen 300 bis 1500U/l erhöht, GOT und GPT um knapp die Hälfte ihres Normwertes. Das EMG war unaufällig insbesondere ohne Hinweis auf Myokymien. Das Nadel-EMG während der spontanen klinisch sichtbaren Muskelaktivität ergab eine elektrische Stille. Somit konnte eine ohne Depolarisation der Muskelmembran ablaufende Aktivität des muskulären kontraktilen Apparates angenommen werden. Die Muskelbiopsie mit umfassender Aufarbeitung war bis auf geringgradige Kaliberschwankungen unauffällig. Anhalt für eine kardiale Beteiligung fand sich nicht.

Die Syndromdiagnose lautete rippling muscle disease (RMD). Schließlich ergab die Sequenzierung des Caveolin-3 Gens einen heterozygoten Basenaustausch mit missense-Mutation bei Indexpatientin und Vater. Dieser Befund ist für die hereditäre RMD typisch. Allerdings liegen im beschriebenen Fall zwei Besonderheiten vor:

1. Ein in der Literatur bisher nicht beschriebener Missense Mutation der betreffenden Aminosäure im Codon 26.

2. Eine bislang bei RMD unbekannte Transaminasenerhöhung.

Unserer Kenntnis nach ist dies die erste in Österreich identifizierte Familie mit RMD.