Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P577
DOI: 10.1055/s-0029-1238671

Vorschlag für ein differentielles Läsionsmodell der Substantia nigra nach Applikation von TaClo (1-Trichlormethyl-1,2,3,4-tetrahydro-β-carbolin), einem Toxin mit radikalschädigenden Wirkungen

B Zielke 1, M Berger 1, R Wolf 1, HW Clement 1, C Grote 1, W Wesemann 1
  • 1Würzburg, Freiburg, Marburg

Die bisherigen Tiermodelle waren wenig prädiktiv für neuroprotektive Therapien bei Patienten mit Parkinson- und verwandten Syndromen. Mögliche Ursachen werden in dieser Arbeit diskutiert, um einen Beitrag für eine längst notwendige Etablierung neuroanatomischer, -pathologischer und stereologischer Konsensuskriterien zu liefern.

Es wird ein Läsionsmodell der Substantia nigra pars compacta der Ratte mit einem trichlorierten β-Carbolin, TaClo, vorgestellt. Biochemische Untersuchungen haben zudem eine Reihe von Effekten nachgewiesen, die auf seine zellschädigenden Wirkungen hindeuten.

0,03µmol TaClo oder die Kontrolllösung allein wurde je drei Han-Wistar Ratten unilateral oberhalb der anterioren Substantia nigra injiziert, um die auszuwertende Region selbst nicht zu verletzen. Nach sechs Wochen wurden die Tyrosinhydroxylase-immunreaktiven Neuronen in Serienschnitten durch die gesamte Substantia nigra gezählt und mit dem Korrekturfaktor nach Abercrombie ausgewertet. Die Substantia nigra wurde nach ontogenetischen, topographischen und cytoarchitektonischen Gesichtspunkten in vier Unterregionen unterteilt.

Außerdem wurden die GSH- und ATP-Konzentrationen im Striatum 24 Stunden nach peripherer Applikation von TaClo, 0,4 und 4,0mg/kg i.p., gemessen.

Bei einer signifikanten Abnahme Tyrosinhydroxylase-positiver Neuronen der TaClo- gegenüber den Kontroll-behandelten Tieren in der Gesamtregion zeichnete sich eine tendenziell stärkere Schädigung in den ventrolateralen und dorsolateralen gegenüber den anterioren und posteromedialen Subregionen ab (66% und 67% gegenüber 51% und 35%). Die Auswertung der Neuronendurchmesser der einzelnen Regionen in der z-Achse ergab keine Hinweise auf Schrumpfung, Quellung oder einen Ausfall unterschiedlich großer Neuronen zwischen den Behandlungsgruppen.

Im Striatum wurden signifikante Erhöhungen von GSH und eine Reduktion von ATP beobachtet.

Die biochemischen Daten stehen in Einklang mit der nachgewiesenen Komplex-I-Hemmung von TaClo und sprechen für eine Zellschädigung durch freie Radikale sowie für zusätzliche nicht-dopaminerge Effekte, die für diese Erkrankungen ebenfalls typisch sind.

Aus dem Nachweis eines differentiellen Neuronenausfalls in einzelnen Subnuclei der Substantia nigra, wie in diesem Pilotprojekt dargestellt, lassen sich neuropathologische Rückschlüsse auf die entsprechende Krankheitsentität ziehen, und die Wirkung von potenziell neuroprotektiven Substanzen oder schwachen Toxinen kann spezifischer untersucht werden.