Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P524
DOI: 10.1055/s-0029-1238618

Epstein-Barr-Virus-Infektion als Ursache einer prolongierten Meningitis

C Fehringer 1, J Spiegel 1, U Dillmann 1, K Fassbender 1
  • 1Homburg/Saar

Die ätiologische Abklärung lymphozytärer Meningitiden ist häufig frustran. Der nachfolgende Fall belegt, dass eine konsequente Diagnostik trotzdem erfolgreich sein kann: Ein 22-jähriger Patient stellte sich am 20.06.2008 in unserer Klinik wegen Kopf- und Nackenschmerzen vor, welche seit einem Zeckenbiss ohne Erythema migrans 2 Wochen zuvor bestanden. Vorerkrankungen werden verneint.

In der neurologischen Untersuchung fielen ein reduzierter Allgemein- und Ernährungszustand, ein Meningismus und eine Photophobie auf. Der weitere Neurostatus war unauffällig. Das kranielle CT war regelrecht. Die kranielle und spinale MRT zeigten über eine leichte leptomeningeale Kontrastmittelaufnahme hinaus keine Auffälligkeiten. Die initiale Lumbalpunktion (LP) ergab eine lymphomonozytäre Pleozytose mit 27Zellen/µl und ein Liquoreiweiß von 790mg/dl. Laktat und Glukose waren normwertig. Die mikrobiologische Untersuchung auf Bakterien einschließlich Mykobakterien und Borrelien, Pilze, Protozoen, Herpes simplex-, Varizellen zoster-Virus, FSME war negativ.

Wir begannen eine empirische mikrobielle Therapie mit Ceftriaxon, Ampicillin und Aciclovir. Nach vorübergehender klinischer Verschlechterung mit generalisierten Myoklonien und visuellen Halluzinationen trat ab 21.06. eine allmähliche klinische Besserung ein; eine LP am 23.06. zeigte 24Zellen/µl und 342mg/dl Liquoreiweiß. Bei Beschwerdefreiheit wurde der Patient nach Hause entlassen.

Am 09.07. kam der Patient zur vereinbarten Kontroll-LP, hierin bei wieder zunehmenden Kopfschmerzen, Kachexie und Abgeschlagenheit erneuter Zellzahlanstieg auf 48/µl. Die ausführliche mikrobiologische und neuropathologische Diagnostik ergab dann den serologischen Nachweis einer ablaufenden Epstein-Barr-Virus-Infektion. Im weiteren Verlauf kam es unter symptomatischer Therapie zu einer anhaltenden Normalisierung des klinischen Befundes und des Liquorbefundes.

Das Epstein-Barr-Virus verursacht die infektiöse Mononukleose, kann eine Meningoenzephalitis auslösen und geht in seltenen Fällen mit einem chronischen Krankheitsverlauf einher. Der hier vorgestellte Fall zeigt exemplarisch, dass bei prolongierten Meningitiden auch nach einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus gefahndet werden sollte, selbst wenn die hierfür klassische und wegweisende klinische Trias aus fieberhafter Angina tonsillaris/Pharyngitis, Lymphknotenschwellungen und Blutbildveränderungen fehlt.