Aktuelle Neurologie 2009; 36 - P522
DOI: 10.1055/s-0029-1238616

FSME durch Ziegenkäse – eine besonders effektive Infektionsroute

S Koppi 1
  • 1Rankweil, A

Hintergrund: FSME-Infektion durch Ziegenkäse (ZK)-Genuss (Produktion in 1564m Höhe, Südostlage, Alpe Gamp, Beschling-Vorarlberg) bei nicht FSME-geimpften Personen und ohne erinnerbaren Zeckenbiss.

Fallberichte: Genuss unpasteurisierten ZKes (100–200g pro Person) durch 7 Personen (gegen Ende KW 27/2008). 3männl./4weibl. Vier Personen an Menigoenzephalitis erkrankt. Bei zweien „stille Feiung“.

Klinik: N=4: biphasischer Verlauf mit a) unspez. grippeähnlichen Symptomen b) nach 4–10 Tagen Trias (Kopfschmerz, Fieber, Meningismus).

In 3 Fällen Vertigo und zerebelläre Ataxie. 1 Mann mit aseptischer Urethritis/Harnverhalt zu Beginn.

1 Person hat ZK erbrochen: FSME-negativ.

Liquores – Medianwerte: ZZ 356 (66–868), EW 69 (38 bis 135), Glucose 55 (51 bis 69).

1 Fall mit pos. OKB

Diagnose durch ELA IgG, IgM und NT in Serum-Kontrollen (GW: 4-fach Titer ↑↑) und LP (ELA IgG/IgM) (8).

Ziege 1 zu HHT/NT im Serum positiv, PCR in Serum und Milch negativ.

Ziege 2: HHT/NT im Serum und PCR in Milch negativ.

ZK-Überstand (flüssig) bei Produktion an 4 Alpschweine verfüttert, davon 2 FSME positiv (HHT, NT).

Verlauf: Restitutio ad integrum, in 3 Fällen 6–15 Wochen anhaltende „vegetative Dystonie“.

Sämtliche Personen waren nicht FSME geimpft.

Diskussion: Infektionsweg über infizierte, klinisch unauffällige Ziege (N=1).

In Österreich 1989 (Stmk) 2 Menschen an ME erkrankt durch FSME-Viren kontaminierte, unpasteurisierte Ziegenmilch (1).

Ein 2. Infektionsfall 1996: ein 54-jähriger Holländer erkrankte durch ZK in Österreich (2).

FSME-Viren in normwertigem Magensaft (pH: 1,49–2,21), aber auch reduziertem (pH: 1,87–2,21) bis 2 Stunden mit stabiler Virusaktivität (8). Viren in Milch oder Käse bis zu 25 Tage nachweisbar (3). Ziege und Alpschweine gegenständlich klinisch nicht erkennbar erkrankt.

Zusammenfassend: FSME-Infektion in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert:

  • Orale Übertragungsroute sehr effizient (4,5).

  • Zecken in immer höherer Lage nachweisbar (6).

  • Annahme, oberhalb von 1350m Seehöhe gäbe es keine Zeckenvorkommen, zu korrigieren (5).

  • In Endemiegebieten erhöhtes FSME-Risiko durch Konsum nicht pasteurisierter Milch (5).

  • Oraler Infektionsweg in Österreich selten, in Vorarlberg Erstmeldung, in anderen Ländern (v.a. Osteuropa) häufiger (4,7).