Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V416
DOI: 10.1055/s-0029-1238510

Symptomatische Konduktorinnen einer Adrenoleukodystrophie/Adrenomyeloneuropathie: Eine ungewöhnliche Konstellation in einer deutschen ALD/AMN- Familie

AK Güttsches 1, A Gal 1, A Kuechler 1, M Tegenthoff 1, M Vorgerd 1
  • 1Bochum, Hamburg, Essen

Die Adrenoleukodystrophie (ALD) bzw. Adrenomyeloneuropathie (AMN) ist eine X-chromosomal rezessiv vererbte Erkrankung des Lipidstoffwechsels, bei der es zu einer abnormen Einlagerung von sehr langkettigen Fettsäuren („very-long-chain fatty acids“, VLCFA) in sämtliche Körpergewebe kommt, und die dadurch eine Leukenzephalopathie (ALD) oder Myeloneuropathie (AMN) zur Folge hat.

Vorgestellt wird die seltene Konstellation von zwei symptomatischen Konduktorinnen einer Familie mit ALD/AMN, einer 72-jährigen Patientin und ihrer 49-jährigen Nichte. Bei der älteren Patientin besteht seit 10 Jahren eine progrediente Gangstörung mit proximaler, spastischer Paraparese, spastisch-ataktischem Gangbild, Blasenentleerungsstörungen und einer Polyneuropathie. Die 49-jährige Nichte der Patientin leidet seit 7 Jahren ebenfalls unter einer progredienten Gangstörung mit jedoch nur diskret ausgeprägter, proximaler spastischer Paraparese. Beide Patientinnen sind nachgewiesene Konduktorinnen einer AMN. Wegweisend hierfür war die Diagnose einer ALD bei dem Sohn der jüngeren Patientin, der bereits im Säuglingsalter an einer schweren Leukenzephalopathie verstarb.

Die ungewöhnliche Familienkonstellation von mehreren symptomatischen Konduktorinnen in einer Familie mit ALD/AMN macht deutlich, dass insbesondere auch bei Patientinnen mit progredienter, spastischer Paraparese differenzialdiagnostisch an eine AMN gedacht werden muss.

Eine kausale Therapie der Erkrankung ist nicht bekannt. Wir berichten über aktuelle Ernährungsempfehlungen, in diesem Zusammenhang wird auch der Einsatz von Lorenzo's Öl diskutiert werden.