Aktuelle Neurologie 2009; 36 - V230
DOI: 10.1055/s-0029-1238420

Neurologische, neuropsychologische und morphologische Residuen nach Neuroborreliose

H Schmidt 1, C Schmidt-Samoa 1, M Djukic 1, M Holzgraefe 1, N von Steinbüchel 1, R Nau 1, P Dechent 1, H Eiffert 1
  • 1Göttingen, Seesen

Fragestellung: Sammelkasuistiken berichten über relevante kognitive Störungen und Hirnatrophie bei Patienten nach Neuroborreliose (NB). Mit dieser Arbeit stellen wir erstmals eine mitteleuropäische Studie mit einer ausreichenden statistischen Power zu dieser Thematik vor.

Methoden: 59 Patienten (41/18; m/w), die vor länger als einem halben Jahr eine Neuroborreliose durchgemacht hatten, wurden neuropsychologisch, standardisiert neurologisch und kernspintomographisch untersucht. Psychiatrische Symptome wurden mit Selbsterhebungsbögen erfragt. Verglichen wurden sie mit 34 (20/14; m/w) alters-, bildungs- und geschlechtsangepassten Kontrollpersonen. Das cMRT wurde voxelbasiert analysiert.

Ergebnisse: In allen neuropsychologischen Domänen erzielte die Patientengruppe schlechtere Ergebnisse für das non-verbale Lernen/Gedächtnis und die frontalen Exekutivfunktionen. Allerdings differierte in keiner der überprüften Domänen die Anzahl der pathologischen neuropsychologischen Tests. Ähnliches fanden wir für die neurologischen Symptome: Zwar lag der mittlere Wert für den SNRS in der NB-Gruppe signifikant niedriger, aber nur ein Patient beklagte ein relevantes neurologisches Defizit. Unterschiede für die psychiatrischen Selbsterhebungsbögen stellten sich nur für den Ängstlichkeitsscore heraus, auch hier lagen die Scorewerte nach NB noch weit im Normalbereich. Die MR-morphometrischen Parameter unterschieden sich nicht.

Schlussfolgerungen: Statistisch führte in unserer Patientengruppe die Neuroborreliose zwar im Vergleich zu einer gesunden Kontrolle zu einer bleibenden Verschlechterung der non-verbalen Lern/Gedächtnisfunktion, der frontalen Exekutivfunktion und des neurologischen Befundes, diese Unterschiede waren aber gering und nur ausnahmsweise pathologisch. Dennoch wäre es durchaus denkbar, dass für die Einzelperson nach einer Neuroborreliose solche Veränderungen wahrnehmbar wären. Auswirkungen dieser messbaren kognitiven Residualsymptome auf Lebensqualität, Aktivitäten des täglichen Lebens oder psychiatrische Symptomlast konnten wir jedoch nicht feststellen. Keinesfalls jedoch kommt es – wie vorbeschrieben – nach einer Neuroborreliose zu einer regelhaften Hirnatrophie.