Aktuelle Ernährungsmedizin 2009; 34 - P16
DOI: 10.1055/s-0029-1223916

Prävalenz der Unterernährung in Schweizer Spitälern

R Imoberdorf 1, R Meier 1, P Krebs 1, PJ Hangartner 1, B Hess 1, M Stäubli 1, D Wegmann 1, M Rühlin 1, PE Ballmer 1
  • 1Medizinische Klinik, Kantonsspital Winterthur, Brauerstrasse 15, 8401 Winterthur, Schweiz

Zielsetzung:

Bei 20 bis 60% aller internistischen und chirurgischen Patienten wird eine Unterernährung (UE) zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme beobachtet. Die breite Streuung der Häufigkeit der UE ist durch nicht einheitlich verwendete Diagnosekriterien und verschiedene Erfassungsinstrumente bedingt. Das Ziel der vorliegenden Studie war die Erfassung der Prävalenz der UE in der Schweiz mittels eines einheitlichen Screening-Instrumentes.

Methoden:

An den medizinischen Kliniken von 7 mittelgroßen Spitälern wurde bei allen neu eintretenden Patienten ein Ernährungsscreening nach dem ESPEN nutrition risk score 2002 durchgeführt. Nur die Patienten mit einem Score von ≥3, welcher eine UE oder ein hohes Risiko für UE definiert, wurden analysiert.

Resultate:

Zwischen Mai 2003 und April 2006 wurden insgesamt 32'837 Patienten (16'540 Frauen, 16'297Männer) untersucht. 5978 (18,2%) wiesen einen Score von ≥3 auf (<45 j: 8%; 45–64 j:11%; 65–84 j: 22%; >85 j: 28%). Bei 4175 Patienten (12,7%) wurde eine Ernährungstherapie (ET) durchgeführt. Von den Patienten mit Indikation für eine ET (Score ≥3), wurden 70% ernährungstherapeutisch betreut.

Verstorben sind 2115 Patienten, davon hatten 62% einen Score von ≥3.

Bei 3576 Patienten wurde eine orale Ernährung durchgeführt: Normalkost 2018, Anreicherung 295, Zusatztrinknahrung 1025 und 238 Patienten erhielten Anreicherungen und Zusatztrinknahrung. Eine künstliche Ernährung wurde bei 599 Patienten durchgeführt: enteral bei 438, parenteral bei 116 und bei 43 enteral und parenteral. Bei 1803 Patienten wurde trotz gegebener Indikation keine Ernährungstherapie durchgeführt, mit folgenden Begründungen: Ablehnung durch Patient 444, Ablehnung durch Angehörige 20, terminal erkrankt 567, moribund 289, technische Probleme 6, Kontraindikationen 23 und andere Gründe 454 (Verlegung zur Notoperation, zu kurze Hospitalisation oder Indikation wurde nicht erkannt).

Schlussfolgerung:

Fast jeder 5. Patient war bei Spitaleintritt unterernährt oder wies ein hohes Risiko für UE auf. Die Prävalenz der UE nahm mit dem Alter zu. Nur 70% der Patienten mit einer klaren Indikation für eine Ernährungstherapie, erhielten eine Intervention.