Z Sex Forsch 2009; 22(2): 151-162
DOI: 10.1055/s-0028-1098932
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Plünderung und Raub des Instituts für Sexualwissenschaft[1]

Manfred Herzer
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Publikationsdatum:
19. Juni 2009 (online)

Im Nachwort zu seiner Abhandlung „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ von 1935 behauptet Walter Benjamin zweierlei:

(1) Der Faschismus betreibe eine Ästhetisierung des politischen Lebens. Er versuche, die neu entstandenen proletarisierten Massen zu organisieren, ohne die Eigentumsverhältnisse, auf deren Beseitigung sie hindrängen, anzutasten, und die Massen so zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen zu lassen. Er konserviere die Eigentumslosigkeit dieser Massen und zwinge sie im Kult eines Führers zu Boden.

(2) „Alle Bemühungen um die Ästhetisierung der Politik gipfeln in einem Punkt. Dieser eine Punkt ist der Krieg. Der Krieg, und nur der Krieg, macht es möglich, Massenbewegungen größten Maßstabs unter Wahrung der überkommenen Eigentumsverhältnisse ein Ziel zu geben“ (Benjamin 1974: 506 ff.).

Anhand der Berliner Ereignisse vom 6. und 10. Mai 1933, der Zerstörung des Instituts für Sexualwissenschaft und der Bücherverbrennung, möchte ich Benjamins Behauptung illustrieren.

Zunächst etwas zu dem größeren Zusammenhang, in dem die Institutszerstörung zu sehen ist. Es handelt sich, kurz gesagt, um die erste Phase der Errichtung des NS-Staates, um die Transformation der terroristischen NS-Massenbewegung in legalisierten Staatsterrorismus. Als der Weltkriegsheld und Reichspräsident Hindenburg am 30. Januar ’33 Hitler zum Reichskanzler ernannte und ihn mit der Bildung einer Präsidialregierung beauftragte, einer Koalitionsregierung des „Nationalen Zusammenschlusses“, war dies der Tag der Wende und ein entscheidender Schritt auf dem Weg in den Krieg. Zwei weitere Daten sind für unser Thema bedeutsam:

Am 13. März ’33 wurde Josef Goebbels als vierter Nazi in die Regierung geholt und an die Spitze des neu geschaffenen Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda gestellt.

Schließlich wurde am 22. April ’33 im Reichsgesetzblatt das „Gesetz über die Bildung von Studentenschaften an den wissenschaftlichen Hochschulen“ verkündet; dies bedeutete, dass der schon seit 1927 von Nazis beherrschte Privatverein „Deutsche Studentenschaft (DSt)“ einen öffentlich-rechtlichen Status erhielt und sich alle Studierenden sozusagen über Nacht als Zwangsmitglieder in der nunmehr verfassten Studentenschaft wiederfanden.

Es mag zutreffen, dass die „Aktion wider den undeutschen Geist“, von der die Zerstörung des Instituts für Sexualwissenschaft ein Teil war, allein von den führenden Funktionären der Deutschen Studentenschaft geplant, organisiert und veranstaltet wurde und dass die anderen beteiligten NS-Institutionen, der NSDStB, die SA, der Staatsrundfunk, die Kinowochenschau im Privatbesitz des Regierungsmitglieds Hugenberg, die „gleichgeschaltete“ Presse, Goebbels und sein neues Propagandaministerium usw. nur als, wie ein Autor das ausdrückt: Bündnispartner mitmachten. Wenn man aber in diesem Zusammenhang unerwähnt lässt, dass die Deutsche Studentenschaft nichts tun konnte und auch gar nichts tun wollte, was nicht vollkommen mit den Zielen der Hitler-Regierung übereinstimmte; wenn man also so tut, als habe das neue „Hauptamt für Presse und Propaganda“ der Deutschen Studentenschaft irgendwie autonom und eigenschöpferisch gegen ­einen undeutschen Geist gekämpft, dann verkennt man das Charakteristische an der offenen und unübersichtlichen Situation im Frühjahr ’33. Die neuartige Aufgabe, die die Hitler-Bewegung damals zu lösen hatte – die möglichst vollständige Machtübernahme und Etablierung der Bewegung in allen Einrichtungen des Staates und der Gesellschaft – erforderte auf allen Hierarchie-Ebenen der NS-Institutionen von den Handelnden, den willigen Vollstreckern, ein ungewohntes Maß an Kreativität, Initiative und Fantasie. Ich kann somit keinen Widerspruch zwischen dem Vollziehen der Entscheidungen und Anweisungen der obersten NS-Führer und der dabei erforderlichen planerischen Autonomie und Entscheidungsfreiheit aufseiten der Befehls­empfänger erkennen.

Ein Satz des Schriftstellers Alfred Kantorowicz aus dem Jahr 1947 wird immer wieder zitiert, um die vermeintlich irrige Auffassung von der Bücher­verbrennung als Maßnahme der neuen Regierung zu kennzeichnen. Kantorowicz schrieb: „Das war kein ‚spontaner Akt‘ einer unvernünftigen Menge gewesen, sondern eine wohlüberlegte und sorgfältig organisierte Veranstaltung nationalsozialistischer Staatsraison“ (Drews und Kantorowicz 1947: 6).

Meiner Ansicht nach wird dieser Satz nicht dadurch falsch, dass man nachweist, bei den Planern und Organisatoren der Propagandakampagne „Wider den undeutschen Geist“ incl. Bücherverbrennung habe es sich zwar um Mitglieder der NSDAP gehandelt, die aber nur in ihrer Eigenschaft als Funktionäre der Deutschen Studentenschaft tätig gewesen seien. Um ein Beispiel zu nennen: In der meines Wissens neuesten Darstellung der Bücher­verbrennung wird Kantorowiczens Sicht auf die Bücherverbrennung widerlegt und anhand von Archivrecherchen nachgewiesen, dass der Jurastudent Hans Karl Leistritz „leitender Koordinator“ des Ganzen gewesen sei. Dann aber wird doch wieder Goebbels als Herr des Verfahrens identifiziert, wenn auch nur „mittelbar“: „Die DSt erhielt den Impuls zur Entfesselung der Aktion wider den undeutschen Geist durch den von der NSDAP-Reichsparteileitung angestoßenen ‚Judenboykott‘, an dem die DSt selbst als Bündnispartner beteiligt war. Berücksichtigt man weiter, dass die Initiative zur Durchführung einer umfassenden antisemitischen Kampagne vermutlich vom Berchtesgadener Gespräch zwischen Hitler und Goebbels am 26. März 1933 ausging, so ist hinsichtlich der Aktion wider den undeutschen Geist die Rolle von Goebbels als Initiator gar nicht so falsch, wie oft behauptet wurde. Diese Initiatorenrolle hat aber nur einen mittelbaren Charakter“ (Schoeps und Treß 2008: 9, 68 f., 135).[2]

Wie dem auch sei, unstrittig ist jedenfalls, dass Goebbels bei dem Spektakel am Abend des 10. Mai auf dem Opernplatz als Hauptredner auftrat. Die von ihm herausgegebene Berliner Abendzeitung Der Angriff berichtete am 11. Mai unter der Überschrift „Das Alte liegt in den Flammen“ von der „gewaltigen Kundgebung“ und druckte den Wortlaut seiner Rede (Anonym 1933 a: 3). Das Alte, den undeutschen Geist, nannte Goebbels dreifach mit Namen: den überspitzten jüdischen Intellektualismus, den Materialismus, den Marxismus. Zur Einstimmung auf den kommenden Krieg trug er hier nur indirekt bei, indem er die Schmach erwähnte, unter der „jeder Soldat“ gelitten habe, wenn er unter der Herrschaft des undeutschen Geistes „zuschauen musste, wie man die nationale Wehrhaftigkeit und die Ehre des deutschen Volkes ungestraft mit Füßen treten durfte“. Und schließlich eine Andeutung zur neuen Kriegsmoral, zum Soldatentod: „Jung schon den Mut zu haben, dem Leben in die erbarmungslosen Augen hineinzuschauen, die Furcht vor dem Tode zu verlernen, um vor dem Tode wieder Ehrfurcht zu bekommen – das ist die Aufgabe des jungen Geschlechts.“

Die Musik war neben der Beleuchtung durch brennende Fackeln, den Scheiterhaufen und „mehrere riesige Scheinwerfer“ für die Wirkung des Ganzen wichtig: An der Spitze der Prozession, die der Bücherverbrennung vorherging, spielte eine „Kapelle der SA […] deutsche Parademärsche“, die Studenten sangen „alte Landsknechts- und Volkslieder“ und zum Schluss: „Zum Schluß der Feier wurde zunächst, von Musik begleitet, die erste Strophe des Liedes ‚Volk ans Gewehr‘ gesungen. Dann brauste, aus tausenden und abertausenden Kehlen angestimmt, das Horst-Wessel-Lied auf. Ein Wald erhobener Rechten reckte sich in die schwarze Nacht.“

In der ersten Strophe von „Volk ans Gewehr“ heißt es unter anderem: „Wir halten zusammen, auf Leben und Tod / Lass kommen, was immer da wolle! / Warum jetzt noch zweifeln, / Hört auf mit dem Hadern, / Denn noch fließt uns deutsches / Blut in den Adern. / Volk ans Gewehr!“

Merkwürdigerweise erwähnt Goebbels den Pazifismus nicht, den die Deutsche Studentenschaft neben Judentum und Marxismus als dritten Hauptfeind des kriegerischen deutschen Geistes ausgemacht hatte. Er kommt aber an anderer Stelle in dem Bericht des Angriff vor, interessanterweise in Verbindung mit den Werken Magnus Hirschfelds: „[Es] traten mehrere Studenten vor den Scheiterhaufen und übergaben ihm die Werke namentlich erwähnter jüdischer und pazifistischer Asphalt-Literaten, so u. a. die Bücher von Tucholski, Magnus Hirschfeld, Remarque, Emil Ludwig Cohn, Alfred Kerr und eine Reihe anderer.“

Im entsprechenden Bericht der Berliner Börsen-Zeitung ist es jedoch ein bestimmter Student, der Hirschfeld, allerdings ohne Pazifismus-Bezug erwähnt: „der Führer des Kreises X der Deutschen Studentenschaft, Gutjahr“. Dieser Gutjahr[3] wird uns noch als Anführer der Plünderer des Instituts für Sexualwissenschaft wiederbegegnen. Guthjahr auf dem Opernplatz laut Börsen-Zeitung:

„Guthjahr betonte in seiner Ansprache, daß am heutigen Tage an allen deutschen Hochschulen die Erzeugnisse des undeutschen Schrifttums verbrannt würden. In Berlin habe die Aktion der Deutschen Studentenschaft mit dem Magnus-Hirschfeld-Institut begonnen, das ein Volksverderbnis ersten Ranges gewesen sei. Es habe jeder Beschreibung gespottet, was man dort unter dem Deckmantel angeblicher Wissenschaft gefunden habe. Der Redner betonte, daß sich bisher keine Regierung gefunden habe, die gegen undeutschen Schmutz und Schund vorgegangen sei. Diese Aufgabe habe erst die nationale Revolution lösen können“ (Anonym 1933 i: 3).

Die Börsen-Zeitung nennt noch ein weiteres Detail zu unserem Thema, von dem in keinem andern mir bekannten Bericht die Rede ist; es geht um den Fackelzug, der der Bücherverbrennung vorherging:

„Gegen 21 Uhr sammelten sich dann unter Vorantritt einer Abteilung der SA die Studenten am Hegelplatz und marschierten mit Musik zum Studentenhaus in der Ora­nienburger Straße, wo die Uebernahme des ­gesammelten undeutschen Schrifttums erfolgte […] Zur gleichen Zeit hatte sich vor dem Studentenhaus in der Oranienburger Straße ein Teil des ­Fackelzuges formiert, und zwar wurde der Zug eröffnet von einer Fahnengruppe der SA, dann folgten Chargierte[4] der studentischen Verbindungen im vollen Wichs, eine Abordnung der Hochschule für Leibesübung, deren Studenten die Aktion mit der Säuberung des Magnus-Hirschfeld-Instituts eröffnet hatten und die im Zuge allein zwei Lastwagen mit den dort eingezogenen Büchern mitführten. Diese Wagen waren mit den Hakenkreuzfahnen geschmückt und trugen Transparente mit der Aufschrift ‚Kampf dem undeutschen Geist‘. An diesen Last­wagen hatte man auch an besonders ­auffälligen Stellen ein Bild von Magnus Hirschfeld angebracht, sowie die Wappen jüdischer Verbindungen, die man aus der Universität von den Anschlagbrettern entfernt hatte.“

Von Fotografien und Presseberichten wissen wir, dass Hirschfeld noch ander­weitig bei der Bücherverbrennung präsent war; am 11. Mai ’33 schreibt die Deutsche Allgemeine Zeitung: „In dem Zuge [also der Prozession vom Hegel­platz zum Opernplatz] wurde auch der Kopf einer Büste des Gründers und Leiters des Sexualwissenschaftlichen Instituts Magnus Hirschfeld mitgeführt. Der Kopf stammte aus dem Institut, wo er von der Büste entfernt worden war“ (Anonym 1933 k). Und die Berliner Börsen-Zeitung: „Eine Gruppe von Studenten hatte auf einer Stange in der Nähe des Rednerpultes [von dem aus Guthjahr und Goebbels ihre Ansprachen hielten] eine Gipsbüste [!] Magnus Hirschfelds aufgestellt.“

Vier Tage vor dieser vom Angriff sog. „eindrucksvollen Massenkundgebung des jungen geistigen Deutschland“, am Sonnabend den 6. Mai, hatte die Plünderung des Instituts für Sexualwissenschaft stattgefunden. In den meisten Berichten der von der Regierung kontrollierten Inlandspresse wird erwähnt, dass auch hier Studentenführer Guthjahr als Führer und als Redner auftrat. Der detaillierteste Bericht über die Plünderung, der jedoch keine Namen der Täter enthält, erschien in dem von geflüchteten deutschen Kommunisten in der Schweiz zusammengestellten Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror unter der Überschrift „Wie Hirschfelds Sexualwissenschaftliches Institut demoliert und vernichtet wurde“ (Anonym 1933 l: 151–154). Der anonyme Autor des Berichts wird als „zuverlässiger Augen- und Ohrenzeuge“ bezeichnet, und der schweizerische Schwulenhistoriker Beat Frischknecht und der Berliner Hirschfeld-Forscher Rainer Herrn vermuten mit einiger Berechtigung, dass Hirschfeld und sein Lebenspartner Karl Giese zumindest beteiligte, wenn nicht gar alleinige Autoren gewesen sind. Sie berufen sich dabei auf einen Brief, den Hirschfeld am 13. Mai ’33, also eine Woche nach der Instituts-Zerstörung, aus Zürich an die beiden ande­ren Präsidenten der Weltliga für Sexualreform, Jonathan Leunbach in Kopenhagen und Norman Haire in London, geschrieben hat. Ich möchte ­daraus eine längere Passage vorstellen, weil es sich hierbei tatsächlich um ­eine eindrucksvolle Kundgebung des geistigen Deutschland handelt:

„Meine lieben Freunde Leunbach und Haire! Ich weiß nicht, inwieweit Sie über das furchtbare Schicksal unterrichtet sind, das über unser Institut, meine Mitstreiter und mich in Deutschland hereingebrochen ist. Einiges werden Sie ja aus den Zeitungen wissen, wie ich Ihren gütigen Zeilen entnehme. In der letzten Woche wurde unser Institut von der Regierung aufgelöst, der grösste Teil unserer Bibliothek und viele ­Sachen mit Gewalt fortgenommen oder zerstört. Die meisten Bücher, darunter auch viel ausländisches Material wurden fortgeschleppt und auf den Scheiterhaufen geworfen und verbrannt. Auch meine Bronzebüste, die ich genau vor 5 Jahren (zu meinem 60. Geburtstag erhielt) wurde ins Feuer geworfen. Karl Giese, der den Vorgängen im Institut persönlich beiwohnte, hat sich zu mir in die Schweiz begeben, teils um mich zu informieren, teils weil ihm selber Gefahr droht. Wir werden ein genaues Protokoll der Vorgänge abfassen, um es Ihnen zugehen zu lassen. Auch die Kartothek der Weltliga wurde gestohlen. Ich habe sofort telegraphiert und im Namen der Weltliga beim Kultusminister protestiert, um wenigstens die Verbrennung des ausländischen Materials zu sistieren. Ob es noch etwas genützt hat, weiss ich nicht. Alle meine hiesigen Freunde, vor allen Dingen auch Brupbacher etc., sind der Meinung, dass ich auch in der Schweiz meines Lebens nicht mehr sicher bin. In der italienischen Schweiz übt die Nachbarschaft Mussolinis, in der deutschen die Hitlers eine verhängnisvolle Einwirkung aus. Ich habe mich daher entschlossen, morgen, an meinem 65. Geburtstage auch die Schweiz zu verlassen und vorläufig nach Paris über­zusiedeln […]“.[5]

Es gab, wie wir aus dem Bericht im Braunbuch wissen, an jenem 6. Mai zwei Plünderungen in Hirschfelds Institut. Die erste um halb zehn am Morgen war für die Journalisten und Fotografen sozusagen medienwirksam inszeniert – fast könnte man sagen: choreografiert, mit Gesang, einem Aufmarsch, Blasmusik, Sprechchören und einem mit Politslogans wie „Trutz dem undeutschen Schund und Schmutz“ (Anonym 1933 h: 11; Anonym 1933 h: 2) geschmückten Lkw. Die meisten der Plünderer waren in einer Art Ziviluniform gekleidet, einem weißen Hemd und einer dunklen Knie­hose, der offiziellen Festkleidung der Studenten der Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Charlottenburg. Es waren laut Braunbuch-Bericht ca. 100 Studenten und eine Kapelle mit Blasinstrumenten, die „einige Lastautos“ dorthin transportiert hatten. Das muss kein Widerspruch sein zu dem etwa halben Dutzend überlieferten Fotos von der Plünderung, auf denen stets nur der eine Lkw zu sehen ist, auf den das Raubgut verladen wurde, umgeben von Studenten in weißen Hemden und wenigen SA-Uniformierten: die Lkws mit den Studenten parkten etwas abseits, so dass sie nur einen kurzen Anmarsch zu ihrem Tatort hatten. Das Lastauto für den Abtransport der gestohlenen Sachen hielt direkt vor dem Haupteingang des Instituts, Beethovenstraße 3, um die Beladung zu erleichtern. Den genauesten Bericht über das Ende der ersten Plünderung am Vormittag fand ich in der Berliner Börsen-Zeitung:

„Nach Beendigung der Säuberung nahmen die Studenten der Hochschule für Lei­besübungen, unter denen sich auch zahlreiche SA-Leute befanden, im Halbkreis [auf den Fotos ist es ein Viereck] auf der Straße Aufstellung, und in Sprechchören wurde gegen den undeutschen Geist protestiert, der besonders in dem Institut Magnus Hirschfeld eine Stätte gefunden habe. Der Führer des Kreises 10 der Deutschen Studentenschaft, Gutjahr, richtete an seine Kommilitonen dann eine kurze Ansprache, in der er darauf hinwies, daß die Aktion der Studenten mit einer Säuberung der Bibliothek der Magnus-Hirschfeld-Stiftung begonnen habe. Dieses Institut stelle ein Geschäftsunternehmen übelster Sorte dar, und die Deutsche Studentenschaft lasse es sich nicht weiter gefallen, daß mit den ihr heiligen Begriffen üble Geschäfte gemacht würden. Zum Zeichen des Protestes zerschmetterte er eine Reklamefigur für ein [in Anführungszeichen gesetztes] Nervenstärkungsmittel, das man bei der Säuberungsaktion ebenfalls gefunden hatte. Die Kundgebung fand mit einem drei­fachen ‚Sieg = Heil‘ auf den Reichskanzler Adolf Hitler und dem Gesang des Liedes ‚Burschen heraus‘ ihren Abschluß. Dann marschierten die Studenten mit dem Lastkraftwagen mit der eingezogenen Literatur unter dem Gesang des Horst-Wessel-Liedes ab“ (Anonym 1933 g: 11).

Interessant ist in Guthjahrs Rede der Hinweis auf eine Heiligkeit, die durch üble Geschäfte beschmutzt wurde und nun mittels Bücherraub und -verbrennung gesäubert werde. Ich vermute, dass die Assoziation zu der neutestamentlichen Geschichte von Christus beabsichtigt war, der den Tempel, das Haus seines Vaters, säubert, indem er die Händler und Geldwechsler hinauswirft. Man handelte nicht nur gemäß einer „Vorsehung“, wie Hitler immer wieder von sich behauptete, es war sogar ein göttlicher Auftrag, der hier zu erledigen war.

Dass der Krieg, jener andere den Nazi-Studenten heilige Begriff, bei dem Plüderungsdrama zur Geltung kam, gewährleistete die dritte Strophe des alten Studentenliedes „Burschen heraus“, das zum Schluss gesungen wurde:

„Burschen, heraus! Lasset es schallen von Haus zu Haus! Wenn es gilt fürs Vaterland, treu die Klinge dann zur Hand, und heraus mit mut’gem Sang, wär’ es auch zu letzten Gang! Burschen, heraus!“

Zum letzten Gang – das ist das von Goebbels auf dem Opernplatz geforderte Verlernen der Angst vor dem Tod im kommenden imperialistischen Eroberungskrieg, der das Desaster von 1918 endgültig heilen würde.

Die zweite Plünderungswelle begann, laut dem Bericht im Braunbuch um 3 Uhr nachmittags: Es erschienen „abermals mehrere Lastautos mit SA-Leuten, die erklärten, dass sie die Beschlagnahme fortsetzen müssten, da der Trupp am Morgen nicht genügend Zeit gehabt hätte, um gründlich auszuräumen. Dieser zweite Trupp nahm dann nochmals eine gründliche Durchsuchung aller Räume vor und schleppte in vielen Körben alles mit, was an Büchern und Manuskripten von Wert war, im Ganzen zwei grosse Last­wagen voll.“ (Anonym 1933 l: 151 ff.).

Der Bücherverbrennungsforscher Werner Treß hat im Bundesarchiv ein Dokument gefunden, das den Braunbuch-Bericht von einer zweiten Heimsuchung des Hirschfeld-Instituts bestätigt (Schoeps und Treß 2008: 114). Demnach waren es diesmal Nazi-Studenten der Tierärztlichen Hochschule, die die beiden Lastwagen mit ihrer Beute beluden und fortschafften.

Die Angaben über den Umfang der geraubten Materialen beruhen natürlich bloß auf Schätzungen und sind deshalb sehr unterschiedlich. Das Braunbuch spricht von über 10 000 Bänden und der Bronzebüste, die auf drei großen Lastwagen wegtransportiert wurden; die New York Times vom 7. Mai ’33 nennt ein Gewicht: „about half a ton [ca. 500 kg] of books, pamphlets, photographs, charts and lantern slides“ (Anonym 1933 b: 3). Bei der erwähnten zweiten Plünderung am Nachmittag wurden nach dem Bericht der Plünderer „im Keller des Instituts […] beträchtliches Material in einem Umfang von 15 Zentnern [750 kg] gefunden“ (Anonym 1933 l: 153).

Verständlicherweise gibt es auch zu der Frage, wie viel von den geraubten Sachen am 10. Mai verbrannt wurden, keine gesicherten Aussagen. Fest steht nur, dass ein Teil der Beute nicht verbrannt wurde. Die New York Times wusste schon in dem erwähnten Artikel vom 7. Mai, dass das Raubgut aus dem Institut für Sexualwissenschaft ins Studentenhaus in der Ora­nienburger Straße gebracht wurden, „where the material will be sorted by med­ical ­experts and the scientific part reserved for legitimate use“ (Anonym 1933 b: 3). Und am 10. Mai hieß es im Angriff: „Wie wir noch ergänzend hierzu erfahren, sind mehrere Doktoren verschiedener Fakultäten mit der Durchsicht der abgegebenen Werke beschäftigt, um auf jeden Fall zu vermeiden, daß wichtige wissenschaftliche Werke, die vielleicht nur einmal in der Welt existieren, der Vernichtung zum Opfer fallen“ (Anonym 1933 e: 3).

Ein gewiss nur kleiner Teil der Sachen entging der Vernichtung auf eine Weise, die der polnische Journalist Antoni Sobański am Schluss seines Augenzeugenberichts von der Bücherverbrennung erwähnt:

„Ende des Zeremoniells. Die Menschenmenge ging schnell auseinander. Langsam ­erlosch das Feuer. Die Feuerwehr half mit Wasserspritzen nach und die Asche verwandelte sich in Schlamm. In diesem Dreck suchten nun alle nach Andenken. In den nächsten Tagen fanden unter meinen […] Bekannten wahre Auktionen mit diesen Andenken statt unter dem Motto: ‚dem Feuer entrissen‘. Ich selbst ergatterte gleich zwei Trophäen. Eine war ein großes, auf einen Karton aufgeklebtes Plakat mit Werbung für Remarques Roman ‚Im Westen nichts Neues‘. […] Die andere war eine Postkarte – ein Anmeldevordruck für den Beitritt zur Weltliga für eine Sexualreform. Unter der offiziellen Adresse der Liga stand in Klammern: Dr. Magnus Hirschfeld. Dieses wertvolle, wenn auch mit Dreck besudelte Dokument beabsichtigte ich der polnischen Sektion der Liga zu schenken“ (Sobanski 2007: 40 f.; vgl. Anonym 1934).

Die Berliner Kreuz-Zeitung meldete am 15. November 1933, dass das Finanzamt Hansa zwei „große Zwangsversteigerungen durchführen“ lasse; im Staatlichen Leihamt in der Elsasser Straße und im „Institut für Sexualwissenschaften“ würden eine 3000-bändige Bibliothek, sowie Mobiliar und ärztliche Apparate aus dem Besitz Magnus Hirschfelds „unter den Hammer kommen. Finanzschulden und andere Verbindlichkeiten bilden den Anlaß der Versteigerung“ (Anonym 1933 f: 5).

In den tagebuchartigen Aufzeichnungen Hirschfelds, die sich heute im Archiv der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft befinden, kann man zu dieser Auktion Folgendes lesen:

„Paris. 14.XI.33. Heute – am 14. November – sind es drei Jahre, seit ich Berlin verliess u. nicht wiedersah – heute beginnt in meinem einstigen Hause die Versteigerung meiner übriggebliebenen Bücher, Materialien u. Möbel – der letzte Akt (vorläufig) ­einer Schicksalstragödie, die ein furchtbares seelisches Martyrium in sich schliesst. Alle, zuletzt meine Schwestern, wurden aus dem Hause vertrieben, das Institut vom Juristenbund in Besitz genommen, ich selbst völlig rechtlos gemacht, verfolgt (angeblich Kopfprämie) u. beschimpft.“

In einer Zeitungsmeldung über die Institutsplünderung wird behauptet, der schon mehrfach erwähnte Studentenführer Guthjahr habe am Ende seiner Ansprache „das Institut für geschlossen“ erklärt (Anonym 1933 c), was wohl nur irgendwie „symbolisch“ gemeint sein kann. Denn der normale Institutsbetrieb war schon lange vorher eingestellt worden, lediglich die beiden Ärzte Felix Abraham und Bernhard Schapiro hielten noch Sprechstunden ab. Und nach den Verwüstungen durch Guthjahr und seine Gang war an ­einer Wiederaufnahme des Institutsbetriebs nicht mehr zu denken. Dass es aber noch eine sozusagen amtliche Schließung bald nach dem 6. Mai gegeben hat, wissen wir aus einem Bericht des Berliner Polizeipräsidenten ­Magnus von Levetzow an den Preußischen Innenminister vom 14. Juni 1933. Levetzow hat den Bericht zwar unterschrieben, Autor war aber ein „Reg. Ass. Dr. Stalmann“. Dr. Stalmann erzählt ohne Datumsangabe, dass „das Institut vorläufig polizeilich geschlossen“ wurde. Begründung: „Da ­eine Weiterführung des Betriebes die öffentliche Ruhe und Ordnung erheblich gefährdet hätte.“[6] Dann kommt das Finanzamt Hansa ins Spiel: „Gleichzeitig hat das Finanzamt Hansa eine Prüfung der geschäftlichen Seite des Betriebes eingeleitet. Diese Prüfung wird voraussichtlich ergeben, daß das Institut zu Unrecht als gemeinnützig anerkannt gewesen ist, und daß deshalb hohe Steuernachforderungen geltend zu machen sein werden.“

Hirschfeld, der inzwischen in Paris ist, notiert dazu am 1. Juni ’33 in sein Tagebuch, nachdem er die Institutsplünderung und Bücherverbrennung vermerkt hat: „Es folgen weitere Hiobsposten, Schlag auf Schlag – das Institut polizeilich geschlossen u. bewacht; Leibesvisitationen aller Ein- u. Ausgehenden. Durchsuchung von Schreibtisch u. Geldschrank, Beschlagnahme meines Vermögens einschliesslich Lizenzen in Höhe von 132 000 Mark.“

Die nächste Station der bürokratisch gründlich durchgeführten Destruktionsmaßnahme war die Einsetzung des Rechtsanwalts Dr. Hugo Vieck zum Zwangsverwalter. Über ihn notiert Hirschfeld am 11. August ’33 im Tagebuch: „Der Nazi-Staat nimmt alles. Ein Nazi Anwalt schlimmster Sorte ist zum Vorstand der Dr. M. Hirschfeld Stiftung ernannt. Durch Vermittlung von M[argarete] Dost, [einer langjährigen Freundin Hirschfelds], die sich für mich aufopfert, bietet er mir meine wissenschaftlichen Sachen (Bücher, Bilder etc.) für 4 000 Mk. zum Rückkauf an. Sonst würden sie Ende des Monats vernichtet“ (nach: Dose und Herrn 2006: 47).

An einer Stelle in einem Brief Karl Gieses vom 24. September 1935 ist von „dem zurückgekauften Material [aus] unserm Institut“ die Rede, was die Vermutung nahelegt, Hirschfeld habe Sachen zurückgekauft, sei es nach dem Angebot des Nazi-Anwalts schlimmster Sorte oder durch einen Mittelsmann bei der Versteigerung des Finanzamts Hansa. Mehr als Vermutungen sind dies bisher aber leider nicht (Herzer 1992: 149).

Der Nazi-Anwalt sorgte ferner dafür, dass alle Mieter der beiden Häuser Beethovenstraße 3 und In den Zelten 9 a, eine Rechtsanwaltskanzlei, zwei Arztpraxen und 4 Wohnungsmieter, entmietet wurden. Und am 18. November ’33 erließ das inzwischen geschaffene Geheime Staatspolizeiamt ­eine sog. Einziehungsverfügung, mit der seltsamerweise nur das Eigen­tum an dem Grundstück In den Zelten 9 a dem Preußischen Staat, vertreten durch den Preußischen Finanzminister in Berlin, übertragen wurde. Zu dem Grundstück des eigentlichen Instituts, der Villa Beethovenstraße Ecke In den Zelten, gibt es dann noch eine Mitteilung des Grundbuchamts an die Baupolizei im Verwaltungsbezirk Tiergarten vom 29. Dezember 1938, derzufolge das Eigentum an der Villa auf die Reichshauptstadt Berlin übertragen wird.[7] Das war der erfolgreiche Abschluss der Aktion.

Natürlich wies nur ein kleiner Teil des Ganzen jene militärisch-theatra­lische Anmutung auf, von der ich eingangs unter Hinweis auf Benjamin ­gesprochen habe. Marschmusik, Volk-ans-Gewehr-Gesänge, brennende Fackeln, Fahnenschwingen, Zeitungsartikel und Rundfunkreportagen über siegreiche Kämpfe gegen einen undeutschen Geist und dergleichen dienten der Kommunikation mit der Öffentlichkeit, was man damals nicht Reklame, sondern Propaganda nannte. Kommuniziert werden sollte die Botschaft: Wir, die neuen Führer sind gut und unsere Taten sind es ebenfalls, denn sie sind auch schön; die schönen Formen, in die wir unsere Taten verpacken, sind deshalb schön, weil in ihnen das gute Alte und das absolut ­Moderne verbunden werden. Die Bücherverbrennung, deren Tradition bis zu Martin Luther zurückreichen soll, wird verquickt mit einer Beleuchtungstechnik, die auf ganz neue Art die Nacht zum Tag machen kann, und einer Reproduktionstechnik, die die Bilder und Töne so über die Welt verbreitet, wie das nie zuvor der Fall war. Die neue NS-Staatsmacht sollte mittels NS-Hegemonie über die Köpfe und über das Alltagsleben der Bevölkerung gefestigt und gesichert werden.

Hirschfeld notiert unter dem 1. Juni 1933 im Tagebuch: „Ich sah diese Vorgänge hier im Aktualitäten-Kino unter tiefster seelischer Erschütterung.“ Man muss aber bedenken, dass die Aktion wider den undeutschen Geist mit Institutsplünderung und Autodafé zwar alle typischen Merkmale der nazistischen Ästhetisierung des Terrors aufwies, sie war verglichen mit anderen Großinszenierungen des NS-Regimes in jenem Jahr ’33 jedoch eher unbedeutend und marginal. Am 1. und am 2. Mai fand hingegen das dies­bezügliche Megaevent statt, das sozusagen stilbildend wirkte für alles, was noch folgen sollte: Im April wurde ein Gesetz verkündet, das den 1. Mai zum arbeits­freien Feiertag erklärte, zum Tag der nationalen Arbeit. Der 1. Mai ’33 begann mit einer Versammlung von 200 000 Schülern und Schülerinnen im Lustgarten, wo Hindenburg und Hitler zu den Kindern und Jugend­lichen sprachen. Am Nachmittag begann auf dem Tempelhofer Feld eine Veranstaltung, an der, wie die Zeitungen am nächsten Tag behaup­teten, eine bis anderthalb Millionen Berliner und Berlinerinnen teilnahmen. Von einer monströsen mit noch monströseren Hakenkreuzfahnen ­geschmückten Rednertribüne sprachen die faschistischen Führer Hitler, Goebbels und Göhring, dazu die übliche musikalische Umrahmung und über den Köpfen der überwältigten Massen schwebte ein Zeppelin-Luftschiff und eine Formation von Bombenflugzeugen zeigte ihre Flugkunststücke. Am Abend begann eine Lightshow von einer Prächtigkeit, wie es sie noch niemals zuvor gegeben hatte. Um 23 Uhr startete die SA einen Fackelzug, der vom Tempelhofer Feld bis zum Lustgarten ging, wo um 1 Uhr nachts in taghellem Scheinwerferlicht die Schlusskundgebung stattfand. Am nächsten Morgen folgte der zweite, weniger durchästhetisierte Teil der Veranstaltung; die Berliner Kreuz-Zeitung berichtet: „Der Aktionsausschuß zum Schutz der deutschen Arbeit, der vom Präsidenten des Preußischen Staatsrats, Ley, geführt wird, hat am Dienstag vormittag im ganzen Reich die Häuser der freien sozialistisch-marxistischen Gewerkschaften besetzt und alle führenden Gewerkschafler […] verhaften lassen.“

Der Staatsterrorismus, der letztlich zu den Massentötungen des Weltkrieges führte, war von den Faschisten mit einer neuen Schönheit ausgestattet worden. „Die Menschheit, die einst bei Homer ein Schauobjekt für die Olympischen Götter war, ist es nun für sich selbst geworden. Ihre Selbstentfremdung hat jenen Grad erreicht, der sie ihre eigene Vernichtung als ästhetischen Genuß ersten Ranges erleben läßt“ (Benjamin 1974: 508), so Walter Benjamin im Jahr 1935.

1 Vortrag, gehalten am 10.12.2008 im „Ort der Information“ im Berliner „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ auf Einladung des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD).

Literatur

1 Vortrag, gehalten am 10.12.2008 im „Ort der Information“ im Berliner „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ auf Einladung des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD).

2 Werner Treß behandelt in dem Sammelband (Schoeps und Treß 2008) u. a. die Zerstörung des Instituts für Sexualwissenschaft. Anders als in den anderen Teilen des Buches geht er dabei ungewöhnlich nachlässig mit den historischen Fakten um:
– Schwankungen gibt es schon beim Institutsnamen; mal wird es korrekt benannt, mal heißt es Institut für Sexualforschung (S. 109, 112)
– Hirschfeld soll für die „Unterbringung“ des Instituts 1921 ein Haus in Berlin-Tiergarten gekauft haben (S. 111). Tatsächlich hat Hirschfeld bereits 1918 ein Haus in Berlin-Tiergarten, In den Zelten 10 Ecke Beethovenstraße, gekauft und darin das Institut untergebracht. 1921 wurde zur Institutserweiterung das Nachbargebäude, In den Zelten 9 a, hinzuerworben.
– Seit 1924 ging das Eigentum am Institut für Sexualwissenschaft im Wege einer Schenkung an die im Jahr vorher vom Preußischen Staatsministerium genehmigte Dr. Magnus Hirschfeld-Stiftung über. Vorher war Hirschfeld alleiniger Eigen­tümer gewesen. Nie wurde, wie Treß glaubt, das Institut „hauptsächlich“ von „der 1918 von Hirschfeld ins Leben gerufenen Stiftung für wissenschaft­liche Sexualforschung getragen“ (ebd.); eine solche Stiftung hat es nie gegeben.
– Treß glaubt ferner, Hirschfeld sei die „Anbindung“ des Instituts an die Berliner Universität „ursprünglich zugesichert worden“ (ebd.) Hier liegt wohl eine Verwechselung mit dem in der Stiftungsverfassung erwähnten Fall vor, dass die Stiftung nicht durchführbar wäre. Nur dann sollte das Stiftungsvermögen an die Universität fallen, die es „in den Dienst der Sexualwissenschaft und sexuellen Hygiene“ zu stellen habe (Hirschfeld 1924: 10).

3 Zu dem Jurastudenten Herbert Guthjahr (1911–1944), dessen Name in der damaligen Presse und in der späteren Forschungsliteratur häufig falsch mit nur einem h geschrieben wird, vgl. Herzer 2009.

4 Vorsitzende eines Korps

5 Eine Kopie des Briefes befindet sich im Archiv der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, ein Original des Typoskripts enthält der Nachlass Norman Haires in der University of Sidney, Australien.

6 Den Bericht haben Mitarbeiter der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft in den 80er-Jahren im damaligen Staatsarchiv Merseburg der DDR gefunden. Die Akten des preußischen Innenministeriums hatten die Signatur Rep. 76-Vc Sekt. 1.Tit. 8 Nr. 23 sowie Rep. 76-VIII B Nr. 2076.

7 Landesarchiv Berlin Rep. 202 Nr. 2162 & 1559

  • 1 Anonym. „Das Alte liegt in den Flammen“. In: Der Angriff 1933 a; 110, 11. Mai 1933
  • 2 Anonym. Nazi Students Raid Institute on Sex. In: New York Times 1933 b; 7. Mai 1933: 3
  • 3 Anonym. Aktion gegen das Magnus-Hirschfeld-Institut. Mittwoch großes Bücher-Autodafé am Opernplatz. In: Germania 1933 c; 124, 7. Mai 1933
  • 4 Anonym. Auf dem Scheiterhaufen. In: Berliner Börsen-Zeitung 1933 d; 217, 11. Mai 1933: 3
  • 5 Anonym. Schundbücher werden verbrannt. Dr. Goebbels spricht auf dem Opernplatz. In: Der Angriff 1933 e; 109, 10. Mai 1933: 3
  • 6 Anonym. Magnus Hirschfeld wird versteigert. In: Kreuz-Zeitung 1933 f; 287, 15. November 1933: 5
  • 7 Anonym. Studenten säubern das Magnus-Hirschfeld-Institut. In: Berliner Börsen-Zeitung 1933 g; 210, 6. Mai 1933: 11
  • 8 Anonym. Säuberung des Magnus-Hirschfeld-Instituts. In: Berliner Börsen-Courier 1933 h; 210, 6. Mai 1933: 2
  • 9 Anonym. Auf dem Scheiterhaufen. In: Berliner Börsen-Zeitung 1933 i; 217, 11. Mai 1933: 3
  • 10 Anonym. Die öffentliche Verbrennung der geächteten Schriften. In: DAZ 1933 k; 218, 11. Mai 1933: 1 Beiblatt
  • 11 Anonym. Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror. 2. Aufl. Basel: Universum-Bücherei, 1933 l
  • 12 Anonym. Vom Scheiterhaufen auf den Bücherwagen. In: Der Gegen-Angriff 1934 (Zürich) Nr. 13, 31. März 1934
  • 13 Benjamin W. Gesammelte Schriften Band I,2. Frankfurt / M.: Suhrkamp, 1974
  • 14 Dose R, Herrn R. Verloren 1933: Bibliothek und Archiv des Instituts für Sexualwissenschaft in Berlin. In: Dehnel R, Hrsg. Jüdischer Buchbesitz als Raubgut. Frankfurt / M.: Klostermann, 2006; 37–51
  • 15 Drews R, Kantorowicz A Hrsg. Verboten und verbrannt. Deutsche Literatur – 12 Jahre unterdrückt. München und Berlin: H. Ullstein und H. Kindler, 1947
  • 16 Herzer M. Magnus Hirschfeld. Frankfurt u. a.: Campus, 1992
  • 17 Herzer M. „Pg.Gutjahr“ – Der Exterminator der Beethovenstraße.  Capri. 2009;  42 24-26
  • 18 Hirschfeld M. Unsere Arbeit. Institut für Sexualwissenschaft. Dr. Magnus Hirschfeld-Stiftung. Berlin: Selbstverlag, 1924
  • 19 Schoeps J H, Treß W Hrsg. Orte der Bücherverbrennung in Deutschland 1933. Hildesheim u. a.: Georg Olms, 2008
  • 20 Sobański A. Nachrichten aus Berlin 1933–36. Aus dem Polnischen von Kulinska-Krautmann B. Berlin: Parthas-Verlag, 2007

M. Herzer

Blücherstraße 61

10961 Berlin

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