Aktuelle Neurologie 2008; 35 - P737
DOI: 10.1055/s-0028-1086991

Bilaterale Ophthalmoplegie durch Metastasen eines Magenkarzinoms mit beidseitiger Verlegung des Sinus cavernosus

S Ebert 1, S.M Pilgram 1, M Bähr 1, P Kermer 1
  • 1Göttingen

Wir berichten über einen 54-jährigen Patienten mit einer bilateralen kompletten Ophthalmoplegie, die sich innerhalb von 6 Wochen entwickelt hatte. Bei Aufnahme in unserer Neurologischen Klinik bestanden eine vollständige Bewegungsunfähigkeit beider Bulbi bei gering divergenter Bulbusstellung, eine Ptosis beidseits (links komplett, rechts inkomplett), eine lichtstarre linke Pupille, eine eingeschränkte Lichtreaktion der rechten Pupille sowie eine Hypästhesie im Bereich des 1. Trigeminusasts links. Der Visus war nicht beeinträchtigt. Bei dem Patienten war seit 15 Monaten ein metastasiertes Adenokarzinom des Magens bekannt, das operativ und chemotherapeutisch behandelt worden war. Ursächlich für die bilaterale Ophthalmoplegie fand sich eine beidseitige Metastasierung mit kompletter Verlegung der Sinus cavernosi ohne Infiltration oder Bedrängung der Aa. carotis internae, die 2 Wochen zuvor MR-tomographisch noch nicht nachweisbar war. Das Vollbild einer kompletten Ophthalmoplegie mit vollständiger Bewegungsunfähigkeit des Bulbus, Ptosis und eingeschränkter Lichtreaktion der Pupille kann durch Schädigung der Hirnnerven III, IV und VI im Bereich des Sinus cavernosus (Sinus cavernosus-Syndrom) verursacht werden. Obwohl unilaterale Metastasen im Bereich des Sinus cavernosus häufig beschrieben werden, ist eine kurzfristige, bilaterale tumoröse Infiltration der Sinus cavernosi insbesondere mit Aussparung der A. carotis interna eine Rarität. Sie muss jedoch differentialdiagnostisch als Ursache der seltenen bilateralen Ophthalmoplegie in Betracht gezogen werden, wie unser Fallbeispiel zeigt.